Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst.

Und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst.

Johann Wolfgang von Goethe


Auszüge aus den Notizen


1998/99


Horizonterfahrung -

Verweis auf den real erlebbaren Sehradius, als auch auf den persönlich gebildeten inneren Horizont.

(außen-innen), (allgemein-individuell), (sichtbar-unsichtbar), (materiell-geistig),

Minimal › Beschränkung auf ein Bindemittel und 7 Farbtöne als Mischbatterie, Auferlegung einer strengen Formensprache (Streifen in horizontaler Ausrichtung), Festhalten an diesen Bedingungen seit über 2 Jahren, Ritus, Ritual.

Maximal › maximale Farbtonausbeute durch Mischungen, die über den Tertiärbereich hinausgehen, maximale Streifendichte durch Überlagerung von bis zu 300 Schichten.

strenge Rahmenbedingungen ‹ › poetische Äußerung

Hinwegnahme von emotionaler Spontanität ‹ › Erzeugung tiefer Regung

Thema Geschwindigkeit, Flüchtigkeit, Hast Unruhe, Angst vor Stillstand, Moment eingefrorener Bewegung, Landschaftsmalerei der 90er Jahre, Leichtigkeit - Komplexität

Farben werden in unendlicher Variationsmöglichkeit gemischt › Tertiärerfahrung als Unendlichkeitserfahrung.

Streifenbilder als ein Element innerhalb der heutigen Ausdruckmittel. Kunst als Spiegel der Person und des Lebens des Künstlers › Widerstand gegen leichte Ware, gegen schnell zu produzierende, schnell zu konsumierende Artikel, keine Hinwendung zum Trend des sozial / politisch engagierten Künstlers, sondern Rückzug ins Ritual, ins Monomane, in den Dialog mit dem Material.

Streifenbilder sollen nicht als absolute Art, Kunst zu betreiben gesehen werden, sondern als eine Äußerung unter vielen. Als eine Möglichkeit auf die Zeit, den Zeitgeist zu reagieren.

Gerade Linien als Sinnbild der Sehnsucht nach Kontrolle über Emotion, als Versuch, diese in Bahnen zu lenken. Horizonterfahrung als Möglichkeit der Reflexion seines eigenen Standortes. Voraussetzung für eine « gerade » Wahrnehmung des Horizontes ist der sichere Stand der eigenen Person. Dies kann entweder in Ruhestellung sein oder aber in linearer Geschwindigkeit. ( ! )

Streifen als Resultat einer möglichen Wahrnehmungsart von Welt. Landschaftsmalerei in Form von poetischer Interpretation.

Subtraktiv - additiv

Körperfarben - Lichtfarben

Hinweis auf die Veränderlichkeit der Körperfarben durch Licht › speziell bei Landschaften entstehen komplexe Farbnuancen durch Lichteinflüsse.

Streifenbilder sind auch aufzufassen als Pendant zu moderner Musik, komplexe Tonflächen werden gebildet, Schichten von Instrumenten bilden neuartige Klänge ... Wiederholungen innerhalb eines Stückes, Spannungen, Ruhepole, Leerstellen. Nicht in die Breite, sondern in die Tiefe gehen › als Lebensentwurf.

PAIRI-DAEZA : Prachtgärten persischer Fürsten, die als gezähmte Natur nur gewissen Eliten vorbehalten waren. Sie dienten als Ruhe- und Rückzugsorte vor der wüsten Um-Welt.

Das Seltsame, Außergewöhnliche an den Streifenbildern ist die Einstellung, die sich dahinter zeigt. Es ist eine Art und Weise diese Welt zu betrachten, die man als optimistisch, lebensbejahend einordnen kann.

Es sind keine Hindernisse innerhalb der Bildfläche vorhanden, der Blick wird in seinem Umherschweifen immer wieder losgelassen, es gibt keine Gebiete von größerer Wichtigkeit...

klare, strenge Streifen schmiegen sich über- und nebeneinander - stellen in ihrer Komplexität ein Äquivalent zur Struktur von Welt dar. Hier wird Malerei in ihrer reinsten Bestimmung angewendet. Farbe als Mittel, um die Wahrnehmung zu schulen, als Medium dafür, die Komplexität zu erzeugen, die uns in anderen Bereichen umgibt.

Die Bilder sind folglich Material gewordene Wahrnehmung von Welt. Hier stellt sich die Frage nach der Perspektive. Ist die Um-Welt nicht umso komplexer, vielschichtiger, nuancierter, je größer der Horizont des Betrachters ist ? Und ist sie demnach auch umso einfacher, schlichter, unstrukturierter je beschränkter die Wahrnehmung des Rezipienten ist ?

Weiterer Punkt › Der Blick wird, obwohl die Streifen anscheinend die Richtung nach rechts vorgeben, nach innen in die Tiefe gelenkt. Die anfängliche Vermutung, es könne sich um ein Zugfoto handeln, wird durch die Transparenz und die dadurch entstehende Dreidimensionalität in der Fläche selbst in den Hintergrund gerückt.

neue Tendenz bei Streifenbildern › kräftigere Farben ohne Ltxfbl. + 1w Schichten dazwischen, dadurch Möglichkeit zu erhöhter Mischung auf der Fläche.

Gefahr: Kompositionsfragen treten in den Vordergrund › Bildfläche verliert den Charakter der Offenheit, Unbestimmtheit, Hindernislosigkeit; Tendenz zur Geschlossenheit, Festlegung, Dominanz einzelner Farbflächen. Geringere Weißanteile, sowohl im Mischungsverhältnis, als auch als einzelne Streifen führen zu einem Verschließen der Fläche, die Möglichkeit des Interpretierens wird zugunsten einer diktatorischen Bildsprache stark eingeschränkt.

Durch kräftige entgegen gesetzte Farben, die nebeneinander auftreten (Blau-braun ‹ › Ockergelb) entsteht ein expressionistischer Bildeindruck (Ausdruck).

Seit Anfang 99 messe ich bei jedem Streifen die Breite und notiere den Farbton. Dieser wird durch eine Nummer repräsentiert, die sich anfangs logisch aufeinander aufbauten, mit Erweiterung der Farbpalette jedoch ohne Bezug zu den vor- und nachkommenden Nummern steht. Mischtöne aus 3 Farbtönen erhalten nur bei Verdacht auf häufige Benutzung eine eigene Nummer. Bei seltenem Gebrauch wird der Farbton durch die Nennung der ihn ergebenden Nummern notiert. Das Interessante daran ist, dass durch diesen Prozess (1. Markierung & 2. Notierung) eine Simulation von Natur stattfindet, sowie deren Auswertung im wissenschaftlichen Sinne.

Nachtrag 25.4.99

Ich denke, dass «Simulation von Natur» ein falscher Ausdruck ist. Kunst muss als eigener vom Menschen geschaffener Bereich angesehen werden. Er nährt sich aus der Natur, indem er beobachtet und versucht, die wahrgenommenen Dinge / Phänomene in eine Materialform zu übersetzen.

Vielleicht kann man, da der Mensch auch in gewissem Sinne Natur ist, diesen Vorgang als natürlich bezeichnen. Doch meiner Ansicht nach ist der Mensch immer ein Beobachtender und vor allem sich bewusst Werdender in der Natur. Kunst im Sinne von künstlich ermöglicht es, eine Welt zu schaffen, deren Quelle zwar in der Natur liegt (wir nehmen wahr und materialisieren ein erkanntes Phänomen oder besser wir erkennen es erst beim Umsetzen, beim Übertragen).

Kunst als Sichtbarmachung von Zusammenhängen, die in der Natur (im weitesten Sinne) vorkommen. Sei dies im sozialen, gesellschaftlichen, biologischen... Bereich.

Und da wir uns all der Vorgänge bewusst sind, die zu einem Kunstwerk führen, sie absichtsvoll so oder so ausführen, aus dem Grund muss die Entstehung von Kunst von der Herstellung eines Vogelnestes unterschieden werden. Und führt man noch die Naturwissenschaft als vergleichbare Erkenntnismethode an, so ist festzustellen, dass diese zwar fähig ist ihre Ergebnisse zu beweisen und somit versucht, die Richtigkeit und darüber hinaus die Wahrheit für sich zu apostulieren. Doch meiner Ansicht nach arbeitet die NWS selbst in einem künstlichen Raum, sie schafft laborähnliche Bereiche und lässt Experimente ablaufen, die so isoliert sonst nicht in der Natur vorkommen. Die NWS meint also, sie habe die Natur erfasst, erkannt und bewiesen. Doch in Wirklichkeit beweist sie nur ihre eigenen Mechanismen in ihrer eigenen Laborwelt.

Die Kunst kann sich, um die Unüberschaubarkeit der Natur zu minimieren, einen Bereich heraussuchen. Doch in diesem Detail werden alle Akzidenzen hinzugenommen, dann darf kein «Flügelschlag» ausgelassen werden. Die Kunst muss im Detail in die Tiefe gehen, muss das Fragment in seiner Vollständigkeit begreifen und vor allem sichtbar machen.

28. April 99

wichtige Maßnahmen, die zum Gelingen der Streifenbilder führen :

1. keine «Hauptfarben» (wie Rot, Grün, Gelb) direkt nebeneinander setzen ›

2. zwischen kräftige Farbtöne «Nichtfarben» oder «Neutralfarben» wie weiß oder grau setzen.

3. in einem Bild die Verwendung von verwandten Farben anstreben und

4. nicht mit Komplementärkontrasten arbeiten ›

5. statt dessen die Eigenschaften nutzen, dass jede Farbe um sich herum einen « Nebel » ihrer Komplementärfarbe produziert.

6. Farben mit gleicher Helligkeit können nebeneinander gesetzt werden.

7. keine «unklaren Zonen» entstehen lassen, die Farbtöne exakt aufeinander abstimmen.

8. Spannung erzeugen durch

8.1. Variation der Streifenbreite

8.2 «Wettleuchten» der Farben

9. Die zarten Farbtöne müssen aus dem weiß und grau heraus wachsen !

Im Klassizismus und schon vorher wurde die Architektur weitgehend in solchen Farbtönen gehalten, dass sie im Hintergrund blieb. Die Farben Rot, Blau und Gelb galten als notwendige Farben, die kräftig ins Bild gesetzt wurden. In sich waren sie abgestuft und besaßen meist die gleiche Stufe der Helligkeit.

Die Figuren mit ihren Kleidern erschienen also richtiggehend farbintensiv, während der Grund auf dem sie angeordnet wurden, tonig gestaltet war. Mir fiel auf, dass in diesen Bildern das gleiche Phänomen auftrat wie in meinen Streifenbildern. Zwischen die kräftigen Farben wurden immer graue oder fleischfarbene Töne gesetzt; dies geschah in Form von kleinen Putten, neutralen Fläche an den Stoffen oder Hautpartien der Personen. Hier stießen wie bei meinen Anordnungen selten Blau, Rot oder Gelb direkt zusammen und ich erkannte plötzlich das Wirken der Farben.

19.5.99

Priorität bei den Streifenbildern muss das klare Setzen der Farben sein.

Die Klarheit, die sonst vorrangig durch die Strenge der Form zustande kam, findet nun ihre Entsprechung in der Farbwahl (Ton + Ort). Nicht der Übergang von z.B. Gelb zu Rot ist vorrangig zu bearbeiten, sondern vielmehr die Exaktheit in der Farbsetzung, genau genommen die Richtigkeit in der Empfindung ›

das Aufheben der Beliebigkeit muss das Hauptziel der Arbeit an den Streifenbildern sein.

Die Poesie der Streifenverse unterliegt natürlich der Emotion, doch gerade hier muss Exaktheit herrschen. Ähnlich der Kunst der Kalligraphie, in der große Meister mit einem Strich mystische Ebenen erreichen, muss durch die Richtigkeit einer bestimmten Farbe an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Ausdehnung ein Bild geschaffen werden, welches den Verweis auf eine höhere Anschauung bietet.

Es dürfen keine Zweifel mehr aufkommen, keine Fragen mehr gestellt werden. Die Streifen müssen mutig gesetzt werden, es dürfen keine « verwaschenen Zonen » entstehen, keine Ungereimtheiten stehen gelassen werden, keine Unklarheiten kompensiert werden müssen.

«Kunst muss wieder eine fröhliche Wissenschaft sein, ein Schauplatz des Imaginären, eine Verheißung des Wunderbaren.»

Aus der ZEIT

«Die Wirklichkeit der Architektur ist ihre Masse, ihr Raum, ihr Körper. Es gibt keine Idee, außer in den Dingen. Das ist der harte Kern der Schönheit.»

Peter Zumthor

19-6-99

Langsam gelange ich zu einer gewissen Sicherheit bei der Herstellung der Streifenbilder.

Sicher nicht in dem Sinne, dass ich Erkanntes reproduziere, sondern sicher, den richtigen Fragen antworten zu wollen.

Die Professionalität in der Form ist schon seit längerem vorhanden, ich weiß genau auf welche Art es möglich ist bspw. eine grobe Skizze auf der Leinwand anzulegen (1. Setzen von Farbstreifen mit Lineal, 2. Setzen von B-Streifen um Farbverlauf zu optimieren und zuviel Farbe zu neutralisieren), weiß wie es möglich ist mehrere Ebenen zu schaffen und diese auch erkennbar werden zu lassen (durch Setzen von D-Streifen auf A-Flächen und dann Setzen von Farben auf D-Streifen), und Schritt für Schritt gelingt mir auch eine (selbstbewusste) Setzung der Farben, sie stehen nicht direkt nebeneinander, doch es sind auch keine Verläufe als vorrangige Methode zu sehen.

Grau und Weiß fungieren als Mittler zwischen den großen Klängen.

Habe mir die Farben, die ich verwende auf Tafeln gestrichen um einen besseren Überblick zu erhalten,

1. ob eventuell doppelte Farbmischungen vorhanden sind

2. um Verbesserungen zu ermöglichen

3. um beim Malen den direkten Blick zu den Farben zu haben

weitere Vorgehensweise:

Farben kräftiger im Grundton anlegen und bei dem Aufstreichen den Anteil an Ltxfbl. notieren; dadurch:

1. exaktere Notierung des Sättigungswertes

2. Möglichkeit verbessert, eine Farbnuance in verschiedenen Helligkeiten zu benutzen.

13-7-99

Das schmale Bild (100x40cm) ist vollendet und in Gedanken mache ich mir schon Vorstellungen über das große Streifenbildvorhaben (135x130cm). Ich will mich in den Farben an die Blau- und Rottöne halten, dazu den entscheidenden Anteil Weiß als Neutralzonen und fast unbemerkt ein wenig Dunkelgelb, um Wärme in die Fläche zu bringen.

Im Kopf habe ich die Farben einer gotischen Kathedrale - ihre meist blau-roten Glasmalereien, der warme Grau-/Braunton der Steine und das ursprünglich leuchtende Weiß der Wände auf denen sich das gefärbte Licht der oberen Fenster ausbreitete.

Es gibt subtraktive Mischungen als Malerei im Kirchenraum und additive durch die wie Filter fungierenden Glasscheiben. Das Licht von draußen wird gedämpft und gebrochen, kommt jedoch an den weißen Wänden wieder zur vollen strahlenden Geltung.

Ich will versuchen, die ungeheure magische Atmosphäre von diesen Kirchenräumen einzufangen-

das Gold der Kerzen, die vielen Mischungen, die Lichtflecken auf dem grauen Steinboden, das Zusammenspiel von soviel unterschiedlichen Materialien und Prozessen,...

So wie die Strebepfeiler die Kräfte bündeln, die Energie konzentrieren und linear ableiten oder auffangen, so will ich ein Bild schaffen von so hoher Magie, von so großer Weite aber auch so tiefer Dichte, wie ich es nur bei einer gotischen Kathedrale auffinden kann.

Das Material Stein und Licht mischt sich zu einem transzendenten Magieraum.

abends-

es ist ein Genuss, zu beobachten wie sich der zur Neige gehende Tag mit seiner schwefelgelben Schwere über die Farben legt.

Lösungsansatz zur Bewältigung großer Flächen mit einem Farbauftrag:

• auf die Grundierung (weiß) den gewünschten Ton etwas abgeschwächt großflächig auftragen.

• danach diese Fläche in Segmente einteilen und jeweils nur ein Band bearbeiten.

• zwischen jedem Band 1mm freilassen, der untere Ton harmonisiert die oberen Streifen. 

Nachtrag zu «gotische Kathedrale» :

Sowie die Materialien der Kathedrale, ihre Dichte und Fülle, das Zusammenspiel der Komponenten erst wahrhaftig wird, wenn das Licht durch die Fenster dringt, so erhalten auch die Streifenbilder vor allem bei einem bestimmten Licht- besser bei einer bestimmten Lichtrichtung die von mir vorgestellte Wirkung.

In den Kathedralen sind die Fenster so eingerichtet, dass das Licht von oben einfällt, im oberen Teil der Kirche wird ein Lichtfeld, ein «Lichtgeschoß» produziert.

Der obere Himmel wölbt sich über den unteren von den Menschen geschaffenen, verleiht dem schweren Stein Brillianz und Leichtigkeit.


Vorgehensweise beim großen Streifenbild in folgenden Schritten:

1. Grundierung anlegen, bis die Oberfläche glatt genug ist, um Klebeband aufzutragen.

2. Klebebänder in abgemessenen aber intuitiv empfundenen Abständen auf die Fläche kleben.

3. nach Kontrolle der Exaktheit der Linien einige wieder ablösen und grobe Farbordnung treffen.

4. durch Ltxfbl+1W die Erscheinung der Farbe «glätten», sowie Strukturen schaffen, um sich später an den Linien orientieren zu können.

5. Latexweiß einsetzen, um erste Höhepunkte zu setzen, und die Linien noch mehr zu definieren.

6. Latexfarblosschichten auftragen, um die noch sichtbare Grundierung zu glätten und ihr Tiefe zu verleihen.

7. Ltxfbl. auch über die Farbstreifen geben, um somit das matte Erscheinungsbild zum Glänzen zu bringen und vor allem um Hinter- und Vordergrund zu vermischen.

8. Latexweiß über die mit Ltxfbl. belegten großen Flächen geben, um wieder Helligkeit ins Bild zu bringen.

9. Ltxfbl. in dünnen Streifen, um Kanten zu betonen.

Vorgang des Abklebens:

Von dem Rand des Bildes aus klebe ich durchschnittlich 32 Klebestreifen in der Weise auf die Fläche, dass 16 Zwischenräume entstehen. Der Ort der Klebestreifen orientiert sich erstens an der Empfindung um die Notwendigkeit genau an dieser Stelle eine Veränderung zu veranlassen und zweitens (technisch) an den schon vorhandenen Kanten der vorherigen Streifen.

Dieser Vorgang dauert ca. eine Stunde.

Daraufhin trage ich von der Mitte aus die vorher bestimmten und gemischten Farben auf.

Technisch gesehen darf währenddessen keine Pause sein, da nach dem Auftrag immer nur der obere Klebestreifen abgezogen werden kann, da der untere Klebestreifen Teil des nächsten Zwischenraums ist.

Dieser Vorgang dauert ca. eine halbe Stunde.

Danach wird das Bild umgedreht und die gleiche Prozedur an der anderen Hälfte vollzogen.

Am Anfang beläuft sich die Anzahl der Zwischenräume auf 2-3 pro Seite, um grobe Flächen anzulegen. Dann steigert sich die Zahl auf bis zu 16, womit jeder freibleibende Streifen mit Farbe bedeckt wird.

Nach ca. 180 Streifen verringert sich die Zahl wieder, da nun konkrete Farbsetzungen geschehen und der Vorgang des bloßen Strukturschaffens und Glättens erst einmal abgeschlossen ist.


1.September 99

Neue Erfahrungen, die ich aus dem großen Bild gewonnen habe.

- Vorgabe, eine gothische Kathedrale nachzuahmen verlieh mir zwar eine sichere Basis in der Farbwahl, engte mich aber auch zu sehr ein.

› mehr den Farben und Empfindungen gehorchen, als ein festes Schema (oben Rotblau, unten Dunkelmarron) befolgen.

- Das Ausmaß des Bildes ermöglichte es mir, in einem Durchgang eine große Anzahl von Streifen zu setzen. Dies führte zwar zu einer hohen Dichte und Strukturierung der Fläche, die Farben verloren aber an Atem, da sich keine großen Blöcke mehr ergaben.

› früher grundlegende Farbfelder schaffen und diese miteinander verknüpfen, anstatt die Vielzahl der Streifen u. somit die Linien oder Kanten in den Vordergrund zu setzen.

- um neutrale Zonen zu schaffen, habe ich große strukturreiche Weißflächen angelegt, die einerseits eine Projektionsfläche darstellen, um die «geforderte» Farbe erkennen zu können, andererseits erscheint Weiß zu sehr als Hintergrund, vor dem sich die anderen Flächen gleichwertig aufhalten.

› in das Weiß mehr Farbe bringen (hauchweise) und durch gleichgroße Anteile anderer intensiver Farben die Hintergrundstellung des Weiß aufweichen. Vor allem mehr mit Grautönen als neutrale Puffer arbeiten.

› noch bewusster mit dem Charakter der einzelnen Farben arbeiten, dem Zurückweichen und Vordringen, dem gegenseitigem Einfluss.

› auf Dreiklänge achten.

- Aufpassen, dass der Rand des Bildes bei dieser Größe nicht «ausfranst». Durch den nur 1cm breiten Rand ist die Wahrnehmung der vertikalen Abgrenzung beeinträchtigt und verliert scheinbar an Präzision.

› noch ein großes Format in der Weise herstellen und nachprüfen, ob das o.g. Wahrnehmungsproblem nicht doch mit der hohen Streifendichte zusammenhängt.

Größere Flächen schaffen auch eine einheitlichere ruhigere Kante.

Interessante Phänomene :

a) eine farbige Fläche mit B streifenweise abstufen, sodann über den so erhaltenen Abschnitt erneut eine Farblasur geben.

b) komplementärähnliche Farbstreifen nebeneinander setzen und sodann mit B überziehen.

c) D auf eine dicke Schicht Lasurstreifen setzen und sodann farbige Fläche darüber anlegen.

Interessanter neuer Farbklang: Dunkelrotbraun + Hellleuchtendblau

Varianz ermitteln !

Dunkelrot:

vordrängend

schwer

substantiell

erdig

fest

undurchdringbar

alt/würdevoll

ver-, beharrend

stehend

sicher am Ort

geborgen

Hellblau:

zurückweichend

leicht

himmlisch

klar/rein

durchschaubar

substanzarm

jung/richtungslos

fließend

unsicher


01.10.99

Heute werde ich meine Farblegende verfeinern. Meine Wahrnehmung von Nuancen hat sich in dem Maße verbessert, dass vorliegende Farbtöne nicht mehr genügen die jeweils geforderte «Tonlage» bereitzustellen.

wichtig:

Streifen in das Bild einarbeiten. Legt man einen Streifen (z.B. graugelb) über einen breiteren Streifen

(z.B. graublau), so muss eine Seite von dem darauf liegenden Streifen an eine andere Farbe stoßen als der Hintergrund vorgibt. Sonst besteht zu sehr Klarheit darüber, was technisch Vorder- und Hinterstreifen ist. Außerdem entstehen sodann Dreiklänge, die (wie in der Musik auch) äußerst interessant sind.

Wichtig hier bei : Exakt herausfinden, welche Farbe welche Größe braucht.

sonst noch wichtige Beobachtung:

Grün steht immer vor dem Blau, dazwischen siedeln sich Grau- und Gelbtöne sowie teilweise Rot an.

(aus der Natur)

Beim Herstellungsprozess eines Streifenbildes wird mir die gesamte momentan vorhandene Energie abgefordert.

Ich muss sie ohne Vorbehalte, ohne einen Rest zurücklegen zu wollen, hingeben. Sie darf nicht zerstreut sein, muss gebündelt werden und somit immer wieder erneut an einem Punkt zum Einsatz kommen. Jede Handlung, jeder kleine Fingergriff, alles muss Punkt für Punkt hochenergetisch sein. Jeder Gedanke, jede Entscheidung beruht auf dem exakten Anwenden dieser Energie.

Es ist kein Kampf, der zwischen mir und dem Material stattfindet, es ist ein gegenseitiges (Heraus)-Fordern, eine Beziehung, in der ein Hinhören, ein Hinsehen und ein Erfühlen, Erahnen von hoher Wichtigkeit ist. Ich werde belohnt und bestraft, doch jede falsche Handlung lässt mich nicht trotzen, sondern spornt mich an, die richtige Antwort zu finden. In diesem Dialog, diesem gegenseitigen Hochschaukeln, diesem ununterbrochenen Anspruchsgeflecht auf beiden Seiten, entsteht ein Bild welches bei Fertigstellung all diese komprimierte Energie gespeichert zu haben scheint.

Plötzlich glaube ich, die letzte Antwort gegeben zu haben, mit einem Male ist das Material satt, es ist ruhig, fordert nicht mehr.

Es ist, als habe ich es endlich gefangen und zur Ruhe gebracht.

Die gesamte Zeit vorher scheint es immer ein Stück von mir zu sein und lässt mich immer weiterlaufen, treibt mich an, zieht mich zur Ziellinie. Doch irgendwann ist es meine Beute. Ich habe es erreicht; bin auf gleicher Höhe mit ihm und beiden ist klar, dass der Schlusspunkt naht.

Die in diesem «Lauf» verbrauchte Energie ist nicht verloren gegangen, sondern kann jederzeit wieder abgezapft werden. Das Besondere daran ist, dass diese Energie endlos ist, sie ist niemals verzehrt, sondern wurde für ewig gebunden. Bei jedem erneuten Anschauen des Bildes bekomme ich die Energie zurück, eine Wärme und ein ungeheures Gefühl von Reichtum durchfließt mich dann.

Es ist, als wäre ich in dem Moment eins mit der Welt und eins mit der Zeit.

Als wäre ich in der Ewigkeit zu Hause.

Und diese Ewigkeit ist von einer so klaren und reinen Schönheit, von so einer offensichtlichen Authentizität, von einer Güte und einer Abwehr der Lüge, dass eine Sehnsucht danach entsteht, sich in diesem Bereich, in diesem Energiefeld aufhalten zu wollen.

Daraus erklärt sich das unermüdliche, unerschöpfliche Bestreben danach, weiterhin den Dialog mit dem Material anzutreten, um immer mehr solcher Gebiete der Ewigkeit zu schaffen.

Rückzugsgebiete, in denen die Zeit still steht, und sie ist zum Stillstand gekommen, als die Schönheit ihren höchsten Punkt erreicht hat.

Wesensmerkmal der Streifenbilder ist die gleichrangige Behandlung von Emotion und Ratio, von Natur und System.

Wichtig dabei ist, dass Gefühl nicht weniger sachlich eingesetzt wird als der Verstand. Beiden wird ein Ort eingeräumt, ohne dass eins das andere herabzusetzen versucht. Sie bilden eine Einheit, die Vorteile beider verschmelzen zu etwas Neuem.

Jeder Teil für sich hätte nicht die Kompetenz, etwas Großes zu schaffen.

August 99

Die Struktur muss sich aus der Notwendigkeit ergeben.

Atelier ‹ Arbeit


28-10-99

Aus der Arbeit entwickelt sich die Formung des Raumes. Unter idealen* Bedingungen geht der Ort eine organische Beziehung mit der Arbeit ein. Durch optimale Arbeitsmöglichkeit (die Arbeit am Werk ist wie eingebettet in ihre Umgebung) kann eine Verschmelzung des Menschen mit dem Werk geschehen; d.h. eine Einheit zwischen Mensch, Werk und Raum ist geschaffen.

*(Kompetenz des Raumbenutzers, finanzielle Lage, Qualität des Raumes im Allgemeinen.

Bekanntes Phänomen, sich in einem zeitlosen Raum zu bewegen, tritt auf.

Durch «Verknüpfung» mit der nächsten Raumsituation durch bspw. die Arbeit gelingt es, mit der Welt eins zu werden.

Wichtiges Merkmal der Streifenbilder scheint mir die Unternehmung zu sein, Emotion und Verstand den gleichen Rang einräumen zu wollen. Vor dem Hintergrund, dass gute Kunst sich nur dann einstellen kann, wenn beide oben genannten Parameter zu gleichen Teilen Element der Arbeit sind, setze ich mir feste Bedingungen, lege sozusagen eine systematische Vorlage zurecht, um auf dieser Grundlage die Intuition, die Poesie walten zu lassen.

Bevor der entscheidende Akt vollzogen wird, bevor ich den Pinsel mit der Flüssigkeit ansetze und einen Streifen beschreibe - davor sind unzählige kleine Verabredungen mit dem Material getroffen worden. Die Notierung des Ortes sowie der Farbnummer im Nachhinein hat rein statistischen Wert, sie ist weder der Emotion noch dem Verstand zuzuordnen.

Obwohl beide Vorgänge, der des Nachdenkens über die Form, des Einhaltens der Bedingungen, etc. und der des rein intuitiven Auswählens der Streifen getrennt voneinander sind, so greifen sie doch jedes Mal wieder ineinander.

Die Poesie gründet sich auf dem Netz des Verstandes.

Aussagen, die bei meinem Vortrag (Oktober 99) Interesse weckten:

1. meine Beobachtung, dass sich die Streifenbilder nicht mehr fotografisch dokumentieren lassen, dass ich Malerei soweit geführt habe, dass sie nur als Original erkennbar bleibt.

2. meine Annahme, dass Verstand nicht präziser arbeiten kann, als die Intuition, dass man nach entsprechender Übung emotional exakte Entscheidungen zu treffen fähig wird.

3. die Herangehensweise von mir, dass ich mir «vor der Malerei» ein System setze, um so in die Tiefe vordringen zu können.

Bemerkung vom Publikum:

Die Bilder öffnen sich dem Betrachter geradezu, sie bieten Spielraum für Assoziationen, geben nichts vor, wirken trotz der Strenge nicht dogmatisch.

November 99

Das Besondere an den Streifenbildern ist unter anderem, dass sie kein Zentrum im herkömmlichen Sinne erkennen lassen. Sie bieten im Gegenteil unzählige Horizonte an. Der Mittelpunkt ist man immer selbst, und der Radius, den man fähig ist zu ziehen der eigene Horizont. So verlagert sich das Zentrum und in dem Sinne auch die Energie auf den Menschen, der anschaut.

Er betrachtet seinen eigenen Horizont.

Es ist nicht so, dass ich eine Theorie von der Welt habe und sie versuche zu visualisieren. Im Gegenteil, ich male die Bilder und erschließe mir dadurch erst die Welt. Ich glaube, Kunst will nicht die Welt erklären, sondern die Welt erklärt sich durch die Kunst.

Jede Kunst muss ihr Maß an der Natur abnehmen. Wir transferieren sie in unsere Sprache, versuchen mühsam eine Annäherung und sind von der Übersetzung noch weit entfernt. Erst durch das Umwandeln in eine rein menschliche Wahrnehmungsform, eine künstliche Form gelingt uns schrittweise das Verständnis der Natur.

Wichtig beim nächsten Streifenbild:

• Die Farben mehr als flüchtige Erscheinung abbilden, als vom Licht abhängige teilweise kaum wahrnehmbare Phänomene.

• Vorgehensweise: Die Farbflächen aus dem Hintergrund, der ein klarer und heller sein sollte, herauswachsen lassen, die Entfaltung der Farben in der Art der Verbreitung eines Duftes darstellen.

• Dabei beachten: Nicht in eine Unsicherheit, Zögerlichkeit, Beliebigkeit der Farbsetzung verfallen, sondern jenen zarten Flächen kräftige Behauptungen entgegenzustellen.

Farbreihung von Interesse :         Violettdunkel, Beigegelb, Dunkelgrünblau

                                                                                            

Beobachtung im Sinfoniekonzert :

Harmonie ist offen, stellt sich dem Menschen nicht entgegen, sondern lässt ihn in ihren Fluss eingehen. Harmonie scheint sich als Notwendigkeit herauszustellen, um eine Einheit zwischen Subjekt und Werk zu ermöglichen. Harmonie zieht uns hinein. Zu untersuchen wäre, inwieweit der Begriff der Weiblichkeit konkrete Parallelen aufweist.

«Notwendig sind also ein wacher Sinn für die äußere Realität und die Fähigkeit zur psychologischen Introspektion»

G.F.Hegel

«Die Verbindung von Innerlichkeit und Realitätssinn ist auch konstitutives Merkmal der Originalität, die ja traditionsgemäß ebenfalls zu den Eigenschaften des Genies gezählt.»

G.W.Hegel

«Wer von der Romantik spricht, spricht von der modernen Kunst, d.h. von Vertrautheit, Vergeistigung, Farbe, Sehnsucht nach dem Unendlichen, durch alle Mittel wiedergegeben, die den Künstler zu Gebote stehen.

Das Wesen der Romantik liegt weder in der Wahl des Stoffes, noch in der Naturtreue, sondern in der Art des Empfindens.»

Charles Baudelaire

«Der Künstler ist nun nicht der bloß der notwendig Kranke, er ist, gleich jenen Bacchantischen Griechen, Kranker und Arzt zugleich, der Magier, der aus der nächsten Nähe des Todes den Zauber des ewigen Lebens holt.»

Friedrich Nietzsche

«Das Wesentliche am Rausch ist das Gefühl der Kraftsteigerung und Fülle»

F.N.

«Für Bergson war die Intuition das Erkenntnisorgan , das uns das eigene Ich in seinem tiefsten Wesen und damit zugleich das Wesen der Welt erschließt»

N.S.

«Kunstwerke können also das, wogegen sie sich eigentlich auflehnen, scheinbar affirmativ in sich aufnehmen, so dass das Negative in Ihnen zu indifferentem Material erkaltet.»

T.W.Adorno

betr. Streifenbilder (Dez 99)

Im Auge behalten, dass die Transparenz der Farben zu der erwünschten Tiefenwirkung führt. Anfangs können kräftige Farben gesetzt werden, um ein grobes Farbengerüst zu schaffen; diese müssen allerdings durch B-Streifen teilweise pastellisiert werden oder mit D-Streifen wieder partiell ganz verdeckt werden. Große Hintergrundflächen müssen von vornherein farblich zurückhaltender sein.

Sie können in ihrem Erscheinungsbild dadurch gleichmäßiger werden, indem mehrere sehr transparente Schichten übereinander gelegt werden. Zur Verstärkung ist die Verwendung von Latex farblos am Schluss sehr brauchbar.

Bei den nächsten Bildern auf eine erhöhte Farbvarianz achten, da mir nun 92 Farben zur Verfügung stehen. Eine rote Fläche muss aus unzähligen Rottönen bestehen, eine blaue Fläche sollte alle Farben des Himmels und des Meeres in sich bergen. Stoßen sie aneinander, vereinigen sich die kleinen Unterschiede zu einer großen Macht.

Darauf achten, welche Farben sich in den Vordergrund drängen und diese Erfahrung exakt nutzen.

Außerdem durch Grau und Weißflächen einerseits, sowie durch Linienbündel mehrere Ebenen im Bild erzeugen.

Gedanken, die noch nicht im Text erfasst wurden :

• die Beobachtung, dass ich die Bilder horizontal herstelle und auch Horizontale als Motiv wähle.

• das Verhältnis von Natur und Kultur, den Vorgang beschreiben, der aus amorphen Zuständen systematische Einheiten macht. Weiterführung in die Gestaltung des Arbeitsraumes und darüber hinaus in die Weiterentwicklung der sozialen Beziehungen, des sozialen Umraumes.

• meine Bilder als Modell nehmen, um den Vorgang der Veredelung zu demonstrieren.

• aus einer bestimmten Materialkette, die anfangs ohne Verknüpfung existiert, wird ein Produkt hergestellt, welches mehr ist als die Summe der Teile.

• Grund dieser Wertsteigerung in Erfahrung bringen !

› aus dem Material kann das Optimale, Maximale, Ideale (Definieren !) rausgeholt werden, weil es

1. nicht zufällig ausgewählt wurde und die Vorstellung über das zukünftige Produkt eng mit den Eigenschaften des Latex verbunden ist.

2. eine ständige Zwiesprache mit dem Material stattfindet, das bedeutet, dass ich es nicht in eine willkürlich festgelegte Form presse, sondern dass ich durch Studium seiner Eigenschaften / Besonderheiten / Grenzen die einzig wahre Form erst erforschen muss.

3. durch eine disziplinierte Arbeitsmethode mit höchstmöglichem Grad an System und Zivilisation der Weg mit dem geringsten (seitlichen) Reibungswiderstand gewählt wird.

3.1. Dadurch ist gewährleistet, dass der Dialog mit dem Material durch nichts gestört wird und die Energie in konzentrierter Form angewendet werden kann.

Folgende Punkte sind immer wieder neu zu hinterfragen und besser zu organisieren, stehen allerdings als stabile Größen im Hintergrund und geben Raum und Sicherheit für die ständig labile Form zwischen Autor und Material.

• Organisation des Arbeitsplatzes

• Beherrschung der Grundlagen

• Systematisierung des Arbeitsvorganges in kleine Einheiten

• optimale Zeitausnutzung durch Prioritätensetzung, d.h. Unterordnung aller anderer Bereiche des Lebens unter das eine Ziel.

        Material                                 Form › Produkt                         Autor      


Wichtig:

Nicht nur das Material begibt sich in eine gewisse ihm entsprechende Form, sondern genauso entwickelt auch der Autor eine Form, mit der er sich als Gegenstück zum Material definiert.

Diese Form äußert sich in der Art des Arbeitens und bei längerer «Zusammenarbeit» auch im Verhalten außerhalb des Dialoges. Das bedeutet, dass die Auseinandersetzung mit dem Material nicht nur zu einem Qualitätserzeugnis führt, sondern zu zwei !

Genauer gesagt feilt das Material genauso am Erscheinungsbild des Autors, wie er am Material.

Ziel des Autors ist ein Optimum an ästhetischer Anschauungsfläche zu erreichen. Die dafür notwendigen Veränderungen in seinem Leben, die zwangsläufig eingeleiteten Maßnahmen Ordnung, System und Disziplin aufrechtzuerhalten, gehen in seine Persönlichkeitsstrukturen ein. Fakt ist auch hier, dass das Material den Autor nicht in eine unpassende, aufgezwungene Form steckt, sondern dass es sich an den schon vorhandenen Eigenschaften orientiert.

Dies wiederum hat zur Folge, dass bei erfolgreicher Zusammenarbeit die verborgene Form beider zum Leuchten gebracht wird. Die gegenseitige Herausforderung führt zum Sichtbarwerden der einzig möglichen Formen, die entstehen können wenn Autor x sich mit Material x einlässt.

Der Autor ist demnach genauso Produkt des Dialoges, wie es das Material ist.

Allein beim Material ist der Prozess nachvollziehbar und das aus ihm entstandene Produkt als sinnlich gewordene Erscheinung Teil der Realität geworden.

Der Umwandlungsvorgang vom einfachen Latex hin zum schillernden Bildobjekt repräsentiert in gewissem Sinne den parallel dazu verlaufenden Prozess des Autors, dessen Erziehung zu einem wertvolleren Menschen in gleichem Maße geschieht.

Material und Autor erlangen die Sichtbarkeit ihrer Essenz durch gegenseitige Erziehung.

Dadurch, dass das Material bestimmte Eigenschaften einfordert, kann man behaupten, dass die Erziehung des Autors zwar einerseits zu einer Verstärkung schon vorhandener Charakteristika führt, aber in besonderem Maße die Persönlichkeit hin zu einem zivilisierten, ethischen Menschen lenkt.

• ästhetisches Vorantreiben › ethischem, zivilisatorischem Verständnis

(Betrachtung der Entwicklung des Autors)

•zivilisatorische Maßnahmen › ästhetischem Produkt

(Betrachtung der Entwicklung des Materials)

Forderungen des Materials:

System, Ordnung, Disziplin, Fähigkeit zu länger andauernder Beziehung, Fähigkeit des «Zuhörens», des sensiblen Herausfindens der Eigenschaften der Eigenschaften, Geduld und Verständnis...

Forderungen des Autors: ?

Verbirgt das Material die Fähigkeiten, die den Autor zum zivilisierten Subjekt machen und enthält der Autor die Eigenschaften, die das Material zum ästhetischen Objekt machen?

Ist also im Material der Bauplan für einen zivilisatorisch fortgeschrittenen Menschen enthalten und im Autor das Gefühl für ein ästhetisch außergewöhnliches Objekt vorhanden?

Januar 2000

Betr. nächstes großes Bild (200x80cm): Farben sollten weitgehend im Grünbereich sein, dazu natürlich Weiß und Grau sowie Dunkelbraun und Dunkelblau, (wenig Rot).

Wichtig:

• die Fläche vom Rand her füllen, um eine Ausfransung an den oberen und unteren Kanten zu vermeiden.

d.h. nicht wie herkömmlich weite Flächen in die Mitte setzen und davon ausgehen, sondern kräftige große Ebenen an den Randhorizontalen entstehen lassen. ›

• dadurch ergibt sich eine Öffnung zur Mitte hin, dort die Streifen an Breite verlieren lassen und mehr Weiß und Grau bevorzugen.

• ähnlich der Wirkung von japanischen Tuschezeichnungen oder Aquarellen eine Fläche schaffen, die Substanz zu haben scheint, die Tiefe und Zeichnung vorgibt, obwohl sie nur weiß ist. Das Weiß bzw. die neutralen Flächen müssen nur eingerahmt sein, die Farben in ihrer Umgebung sollen sich ins leere Feld fortsetzen, ohne dass sie es wirklich tun. Angedeutete Substanz.

Vortrag für Malereistudenten :

Der Beginn der Streifenbilderproduktion lässt sich auf zwei die Malerei betreffenden Fragestellungen zurückführen. Meine Motivation lag darin begründet, die wesentlichen Merkmale dieses Mediums (im Sinne von Material) herauszukristallisieren und sozusagen immer weiter in die Sichtbarkeit zu führen.

Einerseits stellt die Malerei eine unvorstellbare Anzahl an Farben bereit, die zweitens miteinander in Kommunikation treten. Das, was gute Malerei auszeichnet ist weniger die technische Kompetenz, die Farbvarianz oder der Zeitaufwand - diese Faktoren müssen präzise sein und zwar selbstverständlicherweise.

Es ist viel entscheidender die Atmosphären der Farben, die Bedingungen des Materials zu erkennen und diese das Bild bestimmen zu lassen.

Wichtig ist, aus dem Farbenreichtum der mir geboten wird ein  poetisches Objekt zu erschaffen.

Um sich ganz auf dieses Ziel zu konzentrieren habe ich mir eigene Grenzen gesetzt, d.h. die Grundstoffe der Arbeiten sind immer gleich, die Auftragsweise, sowie die Form sind verabredet.

Auf dieser Basis beginnt der wesentliche Teil von Malerei, die Anordnung der mir zur Verfügung stehenden Elemente (und hier in diesem Medium Malerei sind es die Farben) zu einem Ganzen, was mehr ist als die Summe der Teile. Und dieses Mehr ergibt sich aus den Atmosphären, die sich zwischen den Farben ergeben. Kommunikation als Mehrwert.

Geht man über die Teile die das Bild zusammenhalten hinaus, so eröffnet sich der Raum.

Die Meisterschaft in dem kleinen abgegrenzten Bereich sollte in die Um-Welt erweitert werden. Hier muss die Atmosphäre des Objektes in Beziehung gesetzt zum Raum ein harmonisches Ineinanderwirken erzeugen.

Auch auf dieser Ebene geht es um Kommunikation und um Wahrnehmung des noch vorhandenen.

Fasst man diese Art, mit der Welt und ihren Dingen umzugehen noch weitreichender, so gelangt man in den Bereich der Ethik.

Der sensible Umgang mit seinen Mitmenschen und die daraus resultierende eigene Stellung zu ihnen fordert nicht andere Fähigkeiten.

Die eigene Erscheinung sollte positiv im Raum und gegenüber den «Mitbewohnern» auftreten.


Betrifft nächstes Bild (200x80cm)

• den Farben mehr Raum geben, d.h. die Größe des Bildträgers nutzen und breite Grünflächen anlegen.

• die Breite allerdings durch Teilstreifen erreichen, um einen präzisen Farbauftrag zu gewährleisten.

• den Farbbereichen genauso große Weißflächen entgegensetzen und wie in vorherigen Bildern die Fläche öffnen.

• die Farben wieder mehr der Natur nach auswählen; dieses Bild könnte z.B. an einen nachmittäglichen Regenschauer in einer indischen Tempellandschaft erinnern. Es hat gerade aufgehört zu regnen und die Sonnenstrahlen blinzeln wieder durch das viele Grün, färben die grauen Steine violett und lassen das Wasser strahlen.

• die «Spitzen», die sich beim letzten Bild entwickelten, größer werden lassen, den kleinen Höhepunkten mehr Raum geben.

• Dreiklänge, die sich bisher nur am Rand behauptet haben, als Hauptelemente gelten lassen.

• kräftiger aber transparenter werden, dies geschieht durch mehrmaligen Farbauftrag auf eine Stelle oder durch nachträgliche Latexfarblos-Schicht.

• Neuerung in der Farbpalette: Das flüssige Pigment nicht nur mit Latex farblos ansetzen, sondern ebenso mit Latex farblos + B. Einige wichtige Farben immer in dieser Art parat haben.

Eine wichtige Erfahrung, die ich bei der Herstellung der Streifenbilder mache ist die Tatsache oder die Notwendigkeit immer etwas von mir zurücklassen zu müssen um voranschreiten zu können. Wenn man mit etwas unterwegs ist und ständig damit beschäftigt ist das Gegenwärtige zu optimieren, so schließt dieser Prozess zwangsläufig mit ein, dass sich das Momentane immer in Veränderung befindet. Der Augenblick ist in dem Sinne also dynamisch und wird sowohl mit Aussicht auf das Zukünftige als Optimierungszeitraum angesehen, als auch teilweise in der Vergangenheit abgelagert.

Man muss sich selbst überholen, sich selbst immer wieder zurücklassen. Nur so kann eine Arbeit an der Essenz stattfinden, kann immer mehr Ballast abgeworfen werden und eine Tendenz hin zu mehr Prägnanz, Klarheit und Offenheit entstehen.

Nächstes Vorhaben:

Am Computer meine Farben nachmischen und Farbkarten ausdrucken, um diese dann in 2er und 3er Gruppen einander zuzuordnen, charakterliche Veränderungen der Farben untersuchen, ihre Wirkung aufeinander in höchster Klarheit testen. 2er Gruppen anlegen und jeweils mit verschiedenen Einzelfarben kombinieren und Veränderung beobachten. Die Kommunikation der Farben zulassen und gut zuhören.

weiteres Merkmal der Streifenbilder erscheint mir der Versuch, die zu bearbeitende Fläche bis ins Detail zu organisieren. Jeder noch so kleine Abschnitt ist mit der gleichen Präzision zu einem harmonischen Gefüge gewachsen. Die Vollkommenheit im Großen setzt sich aus vollendeten Teilen zusammen. Es ist möglich, seinen Blick zu fokussieren und vom Gesamtbild in kleinere Bereiche zu tauchen, immer wird sich ein neues vollkommenes Universum abzeichnen. Die Organisation aller Teile zu einem geordneten, schönen Ganzen lässt die Fähigkeit erkennen, den zu behandelnden Bereich mit seinen Elementen bis in den letzten Winkel wahrnehmen und umformen zu können. Es verbirgt die Sensibilität jede noch so schwache Atmosphäre zu spüren, und durch richtige Anordnung Spannung auszugleichen.

Neuerung: ! 29-2-00

statt einige Farben mit B abzutönen, bin ich dahin gekommen bei A als Bindemittel zu bleiben. Die ohnehin kräftiger gewordene Farbpalette wird (s.o) jetzt durch Intensivvarianten ergänzt.  

Momentan bestehen circa. 25 Farben auch in dieser Form. Neu an den Bildern wird jetzt die Kombination extrem satter, dunkler, deckender Farben mit den vorhandenen leichten, hellen, transparenten Tönen sein. Ich stelle mir vor, dass die Intensivstreifen ähnlich dem Weiß (D!) zur Spannungserzeugung im Bildgefüge geeignet sind, sie können wie Spitzen auf dem Meer der helleren Bereiche schwimmen.

Frage wird sein, ob sie unvermittelt nebeneinander auftauchen sollen, ob dunkle Farben als Gruppe funktionieren und wie das Verhältnis von Normalvariante und Intensivvariante sein muss.

Anfangs wird sich das Dunkel auf weniger als 10% belaufen.


1.März 2000

Die Einführung einer Intensivvariante einiger Farben ermöglicht es mir eher, die Sensationen, das Spektakuläre , das Vor- und Zurückweichen mit den Mitteln der Farbe zu erreichen. Anstatt durch extremes Streiflicht das Relief der Bildfläche in den Vordergrund zu stellen und dadurch dem Weiß der Oberlichter sowie den Schlagschatten den Vorrang einzuräumen, muss die Anordnung von klaren und satten Farbstreifen, die komplexe Nuancierung, sowie die Räumlichkeit der einzelnen Töne das Bildgefüge zu einer Besonderheit machen.

Die Flachheit, die bei den ersten Bildern durch zurückhaltende Farben und konventionelle Anordnung derselben durch Streiflicht versucht wurde aufzuheben, darf bei den neuen Bildern von Anfang an nicht existieren.

Wie schon in früheren Texten erwähnt, muss die Räumlichkeit jeder einzelnen Farbe verstanden, und in Kombination mit anderen Farben präzise angewendet werden.

Durch waghalsige, aber einleuchtende, durch ungewöhnliche, aber harmonische Dreiklänge muss die Farbe an sich die Sensation hervorrufen. Nicht der Reflex des flüchtigen Streiflichtes, sondern die Magie eines Dunkelrot sollte die Hauptbeachtung bekommen. Die Töne Grau und Schwarz, die durch die extremen Schlagschatten des Reliefs entstehen, reißen das Bildgefüge auseinander, sie unterbinden durch ihre Dominanz die Wahrnehmung farblicher Harmoniegruppen.

Verschiedene Ebenen im Bildgefüge dürfen nicht unabhängig voneinander stehen. Das Weiß der Reflexlichter wirkt im wahrsten Sinne aufgesetzt, losgelöst vom Farbfeld. Und das Schwarz schneidet tiefe Schluchten in die sonst ohne Schwarz hergestellte Farbpalette. Die Dramatik des Streiflichtes muss einer Vollkommenheit in der Farbanordnung weichen.

Das «Himmlische», was den Bildern innewohnt, wird durch die Vermeidung von Schwarz hervorgebracht. Wichtig bei der Präsentation muss demnach die Reduzierung von Schatten sein.

Jeder schwarze Streifen lässt dem Irdischen Zutritt.

Intuition als (verborgenes) Zentrum der Arbeit, als eigentlicher Mittelpunkt. Der Unter- und Überbau durch 1. Farbsystem etc. und 2. Statistik dient lediglich dazu, das Wichtigste und in der Mitte (auch zeitlich) beider stehende zur bestmöglichen Präzision, Klarheit und Konzentration zu führen.

Vielleicht kann man den mittleren aber mächtigsten Teil der Arbeit sogar als zwischen den beiden anderen Geborgenen bezeichnen ?!

Der scheinbare Vorrang von Systematik, Rationalität und Strenge wird durch nähere Betrachtung ausgeräumt und die genau gegenteiligen Begriffe werden (auf der Oberfläche) sichtbar, rücken sich geradezu in die Position, wesensbestimmend für die Bilder zu sein.

«Dass die Dinge auch anders sein können, wissen Künstler nur allzu genau. Ich denke, dass jedes Werk damit zu tun hat, Kontingenz zu handhaben und aus dem «unmarked space» Markierungen und Identitäten zu generieren.» Peter Zimmermann

«Der Mensch ist kontingent, nicht obwohl, sondern weil er zu dieser Welt gehört, mit ihr in Berührung zu kommen versucht.» Stefan Hesper

«Kontingenz kommt von dem lateinischen „contingere“ und bedeutet wörtlich „berühren“.

«Kontingenz konturiert sich so nicht mehr durch die Trennung zweier Bereiche (Notwendigkeit versus Kontingenz) nach dem räumlichen Modell von Innen und Außen, sondern sie wird integriert in ein Modell der Gleichzeitigkeit, der Kompossibilität verschiedener Welten, in denen alles möglich ist und untereinander kommunizieren kann.»

«Der Augenblick der Entscheidung ist ein Wahnsinn» Kierkegaard/Derrida

«Problematisch ist dabei nicht nur das Ausprobieren neuer Möglichkeiten und das Wagnis des Neuen, sondern auch das Festhalten am Bestehenden: Keine Entscheidung, die sich nicht gegen andere mögliche Entscheidungen brechen, in besseren oder schlechteren spiegeln und verdoppeln würde; keine Entscheidung, die nicht von ihrem virtuellen Doppelbild immerzu beschattet würde und schließlich trotz ihrer grundlegenden Unentscheidbarkeit nicht dennoch getroffen werden müsste.» P.Z.

«Kontingent ist, was auch anders möglich ist, weil es keinen notwendigen Existenzgrund hat.» M.Makropoulus


Betrifft Raumgestaltung für die Diplomarbeit:

Angedacht ist momentan der Raum 206 im Hauptgebäude der Bauhausuniversität. Die Vorzüge dieses Ortes liegen in der guten Lichtsituation (neutral + weich), der Proportion, sowie der Verfügbarkeit der Wandflächen begründet. Des Weiteren bestehen historische Anknüpfpunkte, sowie Parallelen zur Beschaffenheit von Atelierräumen. Die Tatsache, dass der Raum im obersten Stockwerk liegt und dazu auch noch durch eine geschwungene Treppe zu erreichen ist, lädt dazu ein, über den Begriff Elfenbeinturm nachzudenken und ein Bild von dessen räumlichen und sozialen Bedingungen zu entwerfen; (als auch dessen Konsequenzen auf das Werk zu erörtern).

Das einzige, aber über eine gesamte Wandfläche gehende, oben abgerundete Fenster erinnert in seiner Form (Unterteilung in viele kleine Segmente) an Orangerieverglasungen. Die dort immer optimal vorhandene Temperatur ermöglicht das beste Gedeihen der Pflanzen. In sogenannten Gewächshäusern werden die Bedingungen in dem Maße bereitgestellt, dass Wachstum ohne äußere Unwegsamkeiten stattfinden kann.

Aus diesem Grund wäre das Integrieren von Grünpflanzen in die Ausstellungssituation eine meiner Überlegungen. Auch auf anderen Ebenen bestehen Verbindungen zu meinen Bildern. Sowohl meine Vorstellung oder Forderung, dass sich Kunst immer an der Natur selbst orientieren muss, als auch die Parallelen der Streifenbilderherstellung zur Entstehung von komplexen natürlichen Strukturen wäre somit ins Blickfeld gerückt.

Die Assoziationen zu Landschaft, die durch die Streifenbilder gegeben sind, werden durch die Anordnung der Pflanzen in Richtung Garten, künstliche Natur etc. gelenkt. Der Garten als Zähmungsversuch über die Natur und im fortschrittlichen Sinne als Ort des harmonischen Zusammenkommens von Mensch und Natur.

Interessanterweise wird gerade durch das Schaffen einer künstlichen Natur versucht, der Sehnsucht nach dem paradiesischen Urzustand Erfüllung zu bieten.

Auch hier sind Parallelen zu den SB zu erkennen, kann man sie doch als himmlische und Sorglosigkeit vermittelnde Ebenen verstehen.

In ihnen findet das Irdische, das Dunkle, das Gebrochene keinen Zugang. Die sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte ziehende Tendenz ihr Streben danach zu richten, wenigstens ein Teil der Paradiesidee zu verwirklichen, zeigt die Allgemeingültigkeit meines Schaffens.

Die biologisch verwurzelte Affinität zu sogenannten Ideallandschaften findet genauso ihren Ausdruck in den SB.

Die Notwendigkeit von Lichtungen, das Weite aber trotzdem Geborgene, das Differenzierte, aber doch Überschaubare, das Vorhandensein von Grünflächen sowie das Fehlen von dramatischen Strukturen (Felsen, Schluchten) zeichnet solche idealen Naturbilder aus.

Paradies (etymologisch):

Garten Gottes, Himmel; aus griech. paradeisos «eingefriedigter Park, Tierpark, Garten derSeligen», aus altpers. pairidaeza «Garten, umzäuntes Landstück», aus pairi «rundum» und daeza «Mauer»

Paradies (Synonyme):

(El)dorado, Schlaraffenland, Traum-, Zauber-, Märchenland, goldenes Zeitalter; dicht.: Arkadien; ugs.: Land, wo Milch und Honig fließt || Garten Eden / Gottes, Insel / Gefilde der Seligen, Elysium, Jenseits.

paradiesisch ›

herrlich || › idyllisch || sorgen-, schattenlos, ungetrübt, beglückend, -seligend, himmlisch, elysäisch, elysisch

Paradies (Meyers Lexikon):

2) Religionswiss.: in vielen Religionen verbreitete, inhaltlich unterschiedl. Vorstellung von einer Stätte (bzw. einem Zustand) der Ruhe, des Glücks, des Friedens und des Heils am Anfang und am Ende aller Zeiten; ...


weitere Phänomene, die in Verbindung mit den Pflanzen gebracht werden können:

• Verantwortungsbewusstsein (Sorgfalt, Achtung)

• Präzision (Standort, Bedürfnisse)

• Ursprung liegt in der Sehnsucht (aus fernen Ländern)

« Denn an allem Sichtbaren wird auch Zeit sichtbar. Jede Form im Raum enthält eine Mitteilung über eine Zeiterfahrung oder ein Zeitmodell.» Heinrich Theissing

« Die Mitte verlassen, heißt die Menschlichkeit verlassen.» Pascal

« Ein Merkmal von Malerei ist, dass man sich sozusagen Zeit erwirbt. Zeit wird zum Genuss; man erobert Zeit» Peter Dicher

« Es stellt sich heraus, dass man sich derart ins Malen vertiefen kann, dass das Bild zeigt, dass Zeit in Anspruch genommen wurde.» P.D.

« Es ist, als müsse das Zeitlesen erst wieder ganz neu eingeübt und gelernt werden und als sei die Kunst wie von Handke verstanden, dazu da, das „Zeitverschwinden in der ewigen Formlosigkeit„ zu verhindern.»

Heinz-Norbert Jocks

« So schlecht wir Menschen die Vollkommenheit aushalten, weshalb wir uns in grauer Vorzeit wohl auch mit dem Paradies angelegt haben, und so wenig wir überhaupt an so etwas wie an einen Zustand geglückter Zeit gewöhnt sind...» H.-N. J.

« Entsprechend versteht er unter Paradieszeit jenen Zustand, wo alles so erscheint, als ob es seinen Platz habe,...» H.-N. J. über Handke

betrifft Kombination von Pflanzen mit den Streifenbildern:

Das Interessante daran ist, die Natur als System mit einem künstlich geschaffenen System zu konfrontieren. Die auf den ersten Blick sich gegenüberstehenden Äußerungsformen zeigen bei näherer Betrachtung große Verwandtschaft. Sowohl in der Natur als auch bei den Streifenbildern ist eine einmal festgelegte Grundstruktur die Basis von Variation. Bis ins kleinste Detail findet eine Organisation der Form statt, der gesamte Organismus gehorcht dem Urgedanken.

Ziel oder Antrieb beim Wachsen bzw. beim Herstellen ist die Optimierung hin zur Vollkommenheit. Bei beiden ist das Ergebnis eine ästhetische Äußerung. Jede Pflanze ist das sichtbare Produkt der beständigen Wechselbeziehung zwischen ihr und der Umwelt. Sie integriert sich schrittweise durch eine bestimmte Formung der Grundidee in die sie umgebende Welt.

Der Erfolg dessen kann nur eintreten, wenn sie in ständiger Kommunikation mit den Bedingungen der Umwelt steht, wenn sie gewissermaßen auf sie reagiert. Die Form der Pflanze, sozusagen ihre Erscheinung ist Material gewordene Reaktion auf den Umraum. Nur durch die dann eintretende Harmonie mit der Umgebung, durch ihre passgenaue Integration erhält sie ihre Daseinsberechtigung.

Auch bei einer künstlerischen Äußerung kann man erst von einem Gelingen sprechen, wenn sich das Produkt als Werk seiner Zeit bezeichnen lässt. Es muss der eine Teil der Kommunikation mit der Gesellschaft sein, muss eine mögliche Antwort auf deren Bedingungen darstellen. Durch Isolation von seiner Umgebung kann es nicht gelingen, das Gemeinsame zu empfinden, geschweige denn es in ein Material einzubetten. Wichtig bei einem Kunstwerk ist dessen Evidenz. Es findet Anklang ohne erklärt werden zu müssen, es materialisiert die Sehnsüchte, Tendenzen und auch die Potentiale der Umgebung, in der es entsteht. Aufgrund dessen erfährt es sofortige Akzeptanz und darüber hinaus sogar Fürsorge. Die Gesellschaft erkennt es als wertvoll an, weil es in gewisser Weise Teil ihrer selbst ist - aus ihr heraus entstanden ist. Sie übernimmt Verantwortung für das Werk.

Sowohl Pflanzen, als auch Kunstwerke können zur Erbauung des Menschen beitragen. Gärten oder Kunsthallen werden oft als Orte der Muße bezeichnet.

Interessant ist auch, dass jede Äußerung aus ihrer Kultur hervorgeht. Jeder Exotismus erklärt sich aus der Umgebung, in der er entstanden ist. Die Authentizität ist demnach von großer Bedeutung, will ein Kunstwerk auf Akzeptanz stoßen. Täuscht man nur vor, das Produkt einer Kommunikation mit der (Um) Welt hergestellt zu haben, so bleibt das Werk an der Oberfläche, so ist jede noch so massig aufgetragene Substanz substanzlos. Es fehlt das wirkliche Verständnis der Umgebung (beidseitig), der Kultur aus der man hervorgekommen ist und somit auch die Tiefenwirkung - und demzufolge auch die Breitenwirkung.

Es gibt keinen sichtbaren gemeinsamen Nenner.

« Es zeichnet einen gebildeten Geist aus, sich mit jenem Grad an Genauigkeit zufrieden zu geben, den die Natur der Dinge zulässt, und nicht dort Exaktheit zu suchen, wo nur Annäherung möglich ist.»  Aristoteles

12-Mai 00

Ein Kunstwerk sollte Weite und Dichte in gleichem Maße verkörpern, eine Ausstellung muss den Raum füllen und ihm dabei Offenheit geben. Die Klarheit darf sich nicht aus einer Einfachheit der Formen ergeben, sondern aus der Organisation der Teile.

« Kunst zu machen, bedeutet Zeugnis ablegen von Menschlichkeit und Zivilisation.» Heinzz Flottran

« Es freue sich, wer da atmet im rosigen Licht.» Schiller

Die drei Eigenschaften, die charakteristisch sind für Lebewesen:

Teleonomie

Autonome Morphogenese

Invarianz

(Jaques Monod, Zufall und Notwendigkeit)


31-5-00

Wichtig bei der Auswahl der Pflanzen muss die Bedingung sein, dass die Ursprungsidee nicht durch Kompromisse geschmälert wird. Wenn dies der Fall zu werden droht, darf nicht mit einer verkleinerten Version vorlieb genommen werden - stattdessen muss nach Alternativen gesucht werden, die aus ganz anderen Bereichen kommen können.

Gegen eine „Monokultur“ der Pflanzen spricht die Tatsache, dass dadurch das sowieso schon latent vorhandene Vorurteil gegenüber meinen Bildern noch Bestärkung erfährt. Zudem könnte man meinen, mir ginge es um diese spezifische Art. Dies war allerdings nicht die Ausgangsidee, sondern die Pflanzen sollten in ihrer sofort sichtbaren Vielfalt die Wahrnehmung der Bilder in der Weise unterstützen, dass man auch in ihnen eher komplexe und individuelle Organisationsformen sieht.

Ziel der Zusammenführung muss demnach sein, dass sie einander scheinbar komplementär gegenüberstehen, sich aber darin in ihrer Wertigkeit steigern und sich in gewissem Sinne komplementieren.

Die Gruppen sollten sich nicht vergleichend, sondern ergänzend zueinander verhalten und zur Erhöhung der Evidenz der jeweilig anderen beitragen.

Die Lesbarkeit der Bilder kann sich durch das Hinzufügen der Pflanzen verstärken und vor allem Assoziationen entstehen lassen, die den Werken eine weitere Ebene verleihen.

Der Natur- Kultur Vergleich wird hier durch das Ineinanderwirken beider Bereiche aufgelöst, stattdessen werden die gemeinsamen Antriebe und Organisationsstrategien erkennbar.

Beide Exponatgruppen müssen durch Addition einen Gewinn, einen Mehrwert erlangen.

Hinzu kommt, dass die Objekte im Raum darüber hinaus auch die Sichtbarkeit des Raumes erhöhen sollten.

Es geht um eine Klärung der Sicht, sowohl im Bereich der Werke als auch im Architektonischen.

Das große Produkt sollte eine Synthese aus beidem sein.


Auf der Suche nach Pflanzen für meine Ausstellung stieß ich auf einen frei geräumten Orangerieraum am Schloss Belvedere. Daraufhin änderte sich das Konzept und das Problem mit finanziell aufwändigen Pflanzentransporten hatte sich mit einem Male erledigt. Ich werde in diesem Raum ausstellen. Meine Bilder kommen zu den Pflanzen und nicht umgekehrt. Zudem kommen zu den Überlegungen, die ich mir über das Thema gemacht hatte, dadurch viel mehr Verknüpfungen zustande.

Das Geld, welches für die Pflanzen eingeplant war, werde ich für gutes Catering ausgeben und den Gästen eine feierliche Atmosphäre bereiten.

So werden meine Bilder nicht nur mit einer künstlich herbeigeholten Ansammlung von Pflanzen konfrontiert, sondern sie werden sozusagen in vollem Maße von ihnen umgeben.

Nicht nur ein Fragment von Botanik ist gemeint, sondern der gesamte Gedanke der Orangerie.

Die Türen werden geöffnet und so eine Verbindung demonstriert, die offensichtlicher sich nicht zu erkennen geben kann.

An drei Stellen wird dann Natur als kultivierte, systematisierte und zivilisierte Natur erscheinen.

So meine ich nicht nur Natur, sondern eine spezielle Art mit ihr umzugehen.

Es geht dann nicht mehr nur noch um den Verknüpfungspunkt Organisation im inneren Aufbau, sondern um eine vom Menschen systematisierte, zivilisierte Natur.

Was mich an dem Ausstellungsort Orangerie interessiert, ist vor allem die Tatsache, dass es sich sowohl bei meinen Bildern als auch bei solchen barocken Parkanlagen um eine Kultivierung von Natur handelt.

Es ist ein Umgang mit dem Rohmaterial Natur, der diese dadurch in einen systematischen, zivilisierten Zustand bringt. Wichtig dabei ist, dass diese „Veredelungsmaßnahme„ in beiden Fällen zu den Menschen erbauenden Ergebnissen führt. Die Sichtbarwerdung von den menschlichen Kultivierungsmaßnahmen geschieht durch Selektion, System und Pflege (oder Achtsamkeit).

Seltsamerweise benötigen sowohl Gärtner, als auch Künstler Oberlicht zum Gedeihen ihrer Werke. Bei beiden ist ständige Lenkung der Natur notwendig und ein großes Maß an Liebe für den Gegenstand.

Meine Bilder sehe ich als Produkt des Dialoges zwischen System und Natur an. Es besteht eine ständige Reibung zwischen beiden Bereichen, wobei das Konfrontative einmündet in eine Kommunikation, bei der sich beide aneinander orientieren und etwas zum Wachsen bringen, was nur in dieser Symbiose geschehen kann. Das System entwickelt sich aus der Natur heraus. Dies fällt besonders auf bei meinen Bildern oder bei der Anordnung der Pflanzen in der Orangerie; doch die Natur selbst erlangt in sich Erfolge in Richtung Stilisierung/Systematisierung/Konzentrierung...

Aber das führt jetzt zu weit.


Grundidee: 

                            amorph                       Natur < > System                       Natur > < System                                Form    

Folgende Begriffe klären:

Paradies, Botanik, Orangerie, Natur, Kultur, Zivilisation, Transzendenz, System, amorph, Park, Arkadien, Medium, artifiziell, Variation, Symmetrie, Harmonie, Dynamik, Barock, Kontingenz,

« Was breit ist, ist nicht hoch oder dicht.» Botho Strauß

« Die Dichotomie des Allgemeinen und des Besonderen ist in jeden eingepflanzt.» Goethe

« Wie kann man erwarten, von einer Zeit verehrt zu werden, der man den Rücken zugekehrt hat?» B.S.

« Dass wir etwas älter sind als nur von heute, habe ich immer für selbstverständlich gehalten. Anbindungsstrategien sind für mich wichtiger als Bruch- und Aufbruchparolen. In der ästhetischen Entwicklung spielen Neuerungen keine bedeutende Rolle mehr. Ich selbst bin ein Transporteur, kein Neuerer.

Vielleicht ist heute der Transporteur der Neuerer, das kann schon sein. Ich habe mich immer als einen empfunden, der durchdrungen ist von dem, was war, und es weiter trägt.» Botho Strauß

Die Streifenbilder sind vor allem klar und entschieden.


             Natur/Material        < >          System/Autor         < >         Form/Produkt    


Das Interessante an diesem Bild der Formfindung ist das Phänomen, dass sich die große Dichotomie im Kleinen fortsetzt. Der beständige Dialog zwischen Natur und Form findet genauso im Autor statt und die Natur als einzeln betrachtetes Gebiet enthält in sich wiederum den Hang zur Systematisierung.

Das Schöne an dem Vergleich mit den Pflanzen ist doch auch die Tatsache, dass sich die prächtigsten Blüten und kräftigsten Stämme aus dem Dunkel der Erde heraus entwickeln und in das Helle, Offene des Himmels streben..., dass sie das Rohmaterial Erde auf eine Art nutzen, die zu Strukturen von höchster Feinheit führen.

(22-6-00)


23/24-6-00

Ich rede immer soviel über das Himmlische und Weite in meinen Bildern, doch bei dem Betrachten meiner Farbpalette fällt mir ein Übergewicht der irdischen Töne auf. Grau/Braun und Grün stellen sogar Hauptfarben der ersten Kategorie. Meine nächste Arbeit wird sein, eine Farbenauswahl zu treffen, die mehr meinen Absichten entspricht. Aus der Auswahl wird sich wieder ein neues System abzeichnen.

« ...die Liebenden, sie erzeugen sich gegenseitig unaufhörlich Raum und Weite und Freiheit.» (Rilke)


5-7-00

Horizont > Weite und Geborgenheit

Ferne/Sehnsucht   Umhegung  

Das o.g. Paar findet sich genauso in Beschreibungen über das Paradies als auch in den Strukturen von Systemen, die aus innerer Notwendigkeit entstanden sind.

Hier äußert sich Geborgenheit, Überschaubarkeit in Bekanntem, sich Wiederholendem und Weite im Sinne von Komplexität, Unendlichkeit.

In der Wahl der Horizontalen als Bild bestimmendes Element zeigt sich die Selbstähnlichkeit zu dem inneren System. Mein Arbeitsansatz ist wie der Charakter der Horizontalen geprägt von der Zusammenführung, dem Nebeneinanderbestehen von unendlicher Weite (im Sinne von Tiefe und endlosen Möglichkeiten) und geborgener Umgrenzung (im Sinne von Verabredung in Form und Farbe)


10-7-00

Parallel zur Bilderproduktion werde ich eine Reihe von Farbharmonien zusammenstellen, die sich aus zwei bis drei Farbtönen zusammensetzen. Die unendliche Varianz, die dann in den Bildflächen stattfindet ist nur innerhalb des Prozesses herzustellen und es wäre unmöglich, die hohe Anzahl an Wechselwirkungen systematisch zu analysieren. Wenn ein Blau in der Fläche auftaucht, so befindet es sich immer in Kommunikation zu den es umgebenden Tönen. Zudem entscheiden dazu noch die Größe und der Abstand der anderen Streifen über die Art der Ausdrucksweise. Aus diesem Grund muss ich bei einem Versuch einer Analyse die Farben minimieren, in gewisser Weise Dreiklänge extrahieren aus der großen Vielfalt. Ziel wird nicht sein, die nächsten Bilder nur aus drei oder zwei Farbfeldern entstehen zu lassen, sondern dann wieder in die Varianz zu kommen und unendlich viele Dreiklänge wieder miteinander in Harmonie zu bringen.

11-7-00

Beim Versuch anhand der 92 Farbtöne ein System zu entwickeln, welches jeden Ton mit jedem kombiniert und in Form von Zweifeldkarten den gesamten Radius der Möglichkeiten in Erscheinung bringt, kam ich zu der Ansicht, dass es weitaus sinnvoller erscheint eine Reihe von klaren, sympathischen und eindeutigen Tönen nebeneinander zu stellen und daraus die Zweiklänge zu bilden.

14-7-00

Bei 53 Farben kann ich mit folgender Formel die möglichen Zweiklänge errechnen:

Will ich von beispielsweise 388 Streifen die Möglichkeiten der Kombinationen ausrechnen, so lautet die Formel einfach 388 ! (d.h. Fakultät 387 x 386 x 385)


mit Schubert/Brahms u. Chopin beschäftigen. ( und Bach!)

 

25-7-00

In Anbetracht der wunderbar magischen Farbigkeit der Blautanne habe ich beschlossen von einer solchen eine Probe zu nehmen und diese „Tonart“ nachzumischen.

Im Moment habe ich den Wunsch, den nächsten Bildern die Stimmung von Kanada zu verleihen.

Nicht im Herbst im Osten mit den vielen bunten Erdtönen, sondern die Atmosphäre des westlichen Landes, mit den wirklich türkisfarbenen Seen bei dünner, doch klarer Luft - inmitten von einer hohen Varianz an Felsengrau und begleitet von dunkelroten Dächern der warmen Lodges.

Wo es Tee gibt in feinen Ockertönen und Holztruhen von Ebenholz.

Und nach einem Gewitter atmen die Tannen ihr Grün in den Himmel.

Der so weit ist.


27-7-00

Die Melodie bestimmt die Akkorde.

Wenn das Werk dem Leben des Musikers entspricht, dann versteht man das Auftreten von forcierten Noten oder das Phänomen eigenwilliger Harmonien.

30-7-00

Ist es nicht ein bemerkenswertes Phänomen, dass ein Raum größer wirkt, je mehr hineingestellt wird, dass die Zeit an Dauer gewinnt, je mehr Tätigkeiten und Erfahrungen man in einer Spanne zulässt, und dass wohl auch Kunstwerke an Größe, Weite und Dauer gewinnen, je mehr kleine Teile sie enthalten, je dichter das Material gewebt ist und je komplexer ihr Erscheinen?

Wichtig ist natürlich die Notwendigkeit der Organisation.

Die Möbelanordnung im Raum kann nur dann Größe bewirken, wenn sie in der Fülle eine Ordnung besitzt. Ob es in der Erfahrung von Zeit auch anders verlaufen kann weiß ich noch nicht. Vielleicht ist es hier nicht von Wichtigkeit, die einzelnen Tätigkeiten zu organisierten Ketten zu machen. Ich glaube im Erleben von Zeit als Dauer muss man sie nur füllen, in die Zeitspanne, die zur Verfügung steht, soviel hineinzulassen wie möglich ist.

Dann entfaltet sich die Zeit und verschwindet nicht mehr.

Ist es nicht so, dass das Phänomen der Unendlichkeit aus dem Vorhandensein der Fülle entsteht?

Dichte heißt Weite und Fülle heißt dann Größe und unendlich viele Teile im Raum bedeuten so auch unendliche Größe in der Wahrnehmung des Raumes.

Und könnte man dann nicht davon ausgehen, dass ein „erfülltes“ Leben einem das Gefühl von Unsterblichkeit gibt?

Und ich denke im Wort „erfüllt“ zeigt sich die Art des Füllens. Eben auch hier befördert Harmonie das Gefühl hin zu angenehmer Dauer.

Doch dies ist nur der Aspekt des Erlebens positiver oder negativer Zeitspannen. Ein Leben kann auch „bewegt“ sein, voller Ereignisse und Umbrüche. Auch dann ist es für den, der es lebt ein langes, weil „gefülltes“ Leben.


29-8-00

Beim nächsten Bild Hell-Dunkel Kontraste weniger durch weiß und grau erzeugen, als vielmehr durch z.B. hellblau und dunkelrot, dunkelgrün und hellocker, etc.

13-9-00

Die Arbeit an den Zweiklängen ist jetzt soweit vorgedrungen, dass ich aus 53 ausgewählten Farben alle möglichen Zweierkombinationen in Form einer Tabelle (Farbflügel) sichtbar gemacht habe.

Durch die Vollständigkeit derselben sind auch Farbpaare entstanden, deren Qualität ich intuitiv gesehen nicht schätze.

Daraus ergibt sich nun erneut die Notwendigkeit, eine weitere Auswahl zu treffen. Dies geschieht durch ein Betrachten des Farbfeldes und dem Anstreichen der meiner Ansicht nach „guten“ Kombinationen.

Von Interesse wäre jetzt unter anderem eine Analyse meiner Auswahlkriterien, welche Farben bevorzugt werden, inwieweit sich die Häufigkeit von bestimmten Kontrasten (hell-dunkel/kalt-warm /komplementär/...) erkennen lässt.

17-9-00

Beschränkung > Tiefe

Verdichtung > Weite

Fokussierung > Größe

20-9-00

Langsam entfaltet sich die Vorstellung des neuen Bildes in genaueren Bahnen. Ich sehe eine Paarung von helltürkis und dunkelrot im oberen Drittel, zwei nahezu gleichgroße Streifen von circa 3 cm Breite. Sie sind umgeben von Helligkeit. In der unteren Hälfte spüre ich die Notwendigkeit einer kalten dunkelgrünen Fläche von ungewöhnlicher Breite. Ich denke an 30-40 cm. Die Wärme wird erreicht durch das Anschließen von Hellocker - und ein wenig Magie glaube ich durch violett hineinbringen zu können. Wie schmale Gespinste ziehen sie sich durch das Dunkelgrün, umrandet von weiß und grau.

Ein schönes Blau von großer Leichtigkeit, aber hoher Variabilität in der Struktur wird die Fläche unten abrunden. Ein wenig Dunkelorange erregte nochmals die Stimmung, setzte man es an den Rand - jedoch nicht unvermittelt. Oben sehe ich viel warmes Grau und weiß und sogar ein Dunkelblau - vielleicht sogar in Kombination mit Grasgrün. Wahrscheinlich sogar. Ein saftiges Grün und ein klares Grau sind gut.


20-9-00 abends

Beim Erstellen des neuen Bildes am Computer als grobe Skizze machte ich eine interessante Entdeckung:

Ich legte eine blaue Fläche an und setzte darauf eine weitere blaue Fläche von etwas geringerer Breite (sodass an den Seiten die darunter liegende sichtbar blieb) und etwas anderem Blau. Aber in annähernd gleicher Helligkeit. Ich glaube, das ist das Wichtige daran - der Grad an Helligkeit oder Dunkelheit muss gleich sein.

Die Wirkung war jedenfalls die, dass sich die Ränder anzuschmiegen schienen, sie sahen aus wie von einem Flaum begrenzt. Das Phänomen zeigt sich auch bei Farben von unterschiedlicher Wellenlänge.

21-9-00   

Am Computer besondere Phänomene konstruieren.

1. Fläche in Fläche

2. Helligkeit-Dunkelheit

3. Kontrastsetzung an den Rändern einer Fläche

21-9-00

Die Zweiklänge unter folgenden Gesichtspunkten untersuchen:

• Sättigung (Chromatizität)

• Helligkeit (bzw. Dunkelheit)

• Raumwirkung der Farbe (ob sie zurückweicht oder vordringt)

• Wirkung auf das Gemüt

* kalt-warm

* Komplementärkontrast (Sukzessiv...)

* Verwandtschaft

Anhand der Farbkarten für jede der ausgewählten 53 Farben (von ursprünglich 92) ein Beschreibungszettel anfertigen. Ob sie eher warm oder kalt ist, von welcher Atmosphäre etc... Daraufhin kann man die Wirkung der Zweiklänge anhand der Charaktere der beteiligten Farben besser analysieren.

27-9-00

Zur weiteren “Ordnung“ der Farben folgende Maßnahmen treffen:

• die 53 Farben in der Farbtabelle markieren und darauf die Farbkarten so untereinander legen, wie sie jetzt ohne die ausgesonderten Farben in der Farbtabelle erscheinen würden.

• die Zahlnamen der Farben aufschreiben (in der Reihenfolge)

Darauf andere Wirkungskriterien finden.

- siehe vorherige Seiten

•kalte/warme Farben

•zurückziehende/vordrängende Farben

•melancholische/heitere Farben

•himmlische/irdische Farben

*Anordnung nach Farborten

Blauzone - Gelbzone - Rotzone - Grünzone

Ein weiteres Phänomen am Computer testen:

Jede Farbe (53) mit hellem Grau, einmal warmes grau, einmal kaltes grau kombinieren > Atmosphäre ermitteln, dazwischen Weißzone setzen und Veränderungen beobachten.

Donnerstag 28-9-00

Das Farbmischsystem in dem Sinne neu anlegen, dass neue “Grundfarben“ hinzugezogen werden.

Diese gehen dann aus der Angebotspalette meiner Flüssigpigmentfirma hervor.


Stellt diese allerdings nicht die gewünschten Farben im Sortiment bereit, so muss ich auf eine andere Firma zugreifen. Auch wichtig ist eine hohe Variation von Grautönen zu haben - in warm und kalt, von hell bis dunkel.

Sodass mir quasi mehrere “neutrale Farbflächen“ sofort zur Verfügung stehen.

Ein weiterer Schritt zur Klärung der Farbvarianz wird sein, dass ich jede Farbe von den 92 (53) in 4 verschiedenen Modi darstelle.

Dadurch Möglichkeit zur direkten Ansicht mit den Neutralflächen Weiß und Grau.

Ein Feld so anlegen, dass auch die Proportionen in sich stimmig sind.

30-9-2000

Erfordert das Entstehen von Komplexität ein Ziel?

Entsteht Komplexität nur, wenn die Vorstellung von einer Lösung besteht?

Entwickelt sie sich, zwar nicht linear im herkömmlichen Sinne, aber doch auf einen Punkt zu?

Ist das, was sie antreibt, das Streben zu einem optimalen Zustand?

Ist das Ziel die motivierende Kraft oder besteht ein verborgenes Programm, welches das Ziel erst produziert?

Und wenn bei meiner Arbeit Poesie das Ziel ist, so muss das Muster an Komplexität, was ich hinter mir lasse eng mit dem Charakter des Zielpunktes verbunden sein. Die Poesie taucht dann also schon in den Strukturen auf, verteilt sich in den Bahnen, die zu ihr hinführen?

Oder ist mir das Ziel gar nicht wirklich klar und ich gelange nur durch das innewohnende verborgene Programm in die Richtung, die Poesie erkennen lässt?

Und was ist Poesie anderes, als optimale Verdichtung von Teilchen. Und Harmonie und Schönheit in den Bildern, was zeigen sie anderes an als eine Ordnung, die auch in “Natur und Wissenschaft“ vorkommt?

Folgen wir alle dem gleichen Trieb nach Qualität und erreichen den Endpunkt doch nie ganz, stattdessen ergeben sich Steine am Weg, die auf das Große hindeuten.

1-Oktober-2000

(für den Vortrag)

Das um was es in erster Linie geht, ist Poesie. (siehe Vortrag vor Malereistudenten)

Jede Maßnahme, die ich in meiner Arbeit einleite, gilt dem Bestreben der Poesie größtmögliche Wirkungskraft zu verleihen. Die Verabredungen mit dem Material und in der Form sollen einer Zerstreuung des Ausdrucks entgegenwirken.

Die Dokumentation während des Herstellungsprozesses, sowie die Auswertung dienen dazu, die Suche nach der Poesie auf anderem Wege nachvollziehen zu können.

Das Farbmischsystem, welches vor dem Auftrag der Farben von mir aufgestellt wurde, sowie die analytische Erfassung des Malvorgangs sind für mich Produkte, die ich auf dem Weg zur Poesie neben mir ablege. Sie sind ein Versuch, mehr Klarheit zu schaffen und das mystische Erfahren von Harmonie, Ganzheitlichkeit und Vollkommenheit in eine andere nachvollziehbarere Dimension zu rücken.

Während des Arbeitsprozesses stößt man auf Fragen, deren Beantwortung eine dynamische Handhabung der äußerlich gelegten Strukturen zur Folge haben.

Es findet eine ständige Hinterfragung der Farbpalette und deren Zustandekommen statt, die Auswertung der Positionsblätter führt zu Erkenntnissen über Farbharmonien etc.

Neben der Frage nach Kontingenz und Notwendigkeit (...) drängte sich die Thematik Komplexität auf.

Die unendliche Varianz an Farben, die untereinander in Verbindung treten können, wird schon durch die Vorgabe der Farbpalette eingekreist. Doch im zweiten Schritt, der auf der Fläche des Bildes stattfindet, stehe ich vor einem erneuten Auftreten von Komplexität. Die Frage nach Farbton, Farbbreite und Farbposition muss mit jedem Streifen präzise beantwortet werden. Und das, was mich an dieser Stelle interessiert, ist die Organisation dieser Komplexität und ihre Materialisierung in den Farbschichten. Es geht darum, die vielen unterschiedlichen mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach den einzig möglichen und besten abzusuchen. Es geht darum, sie so zu organisieren, ihnen eine solche Erscheinung auf dem Bild zugeben, dass Poesie entsteht.

Auf der Suche nach dem Zauber, oder beim Finden der Poesie erfahre ich den Umgang mit Komplexität und dessen Bewältigung. Nicht der Zufall entscheidet über den nächsten Farbton, sondern eine innere Notwendigkeit, die ich spüre und die das Ziel verfolgt, die einzelnen Teile zu einem großen harmonischen Bild zusammenzuführen.

Die entstehenden Bilder sind für mich Ausdruck einer Verdichtung, einer Organisation von Material hin zu seinem Zustand höchster Ordnung. Und Ordnung verstehe ich hier als Zustand von Harmonie.

Das Wichtige daran ist auch, dass die Verdichtung, von der ich spreche nichts mit einer Verengung zu tun hat. Es ist eine Verdichtung, die genau das Gegenteil, nämlich Weite erzeugt. Mein Bestreben geht dahin, durch optimale Organisation, durch absolut harmonische Anordnung der Teile eine Klarheit im Ausdruck zu erzeugen, die nicht Raum verstellt, sondern Raum gibt. Der Raum ist weit, doch wir sind mit ihm vereint > Horizont als umhegende Grenze.

Die Bilder sollen einen Ausblick gewähren auf eine unendlich weites Feld, welches aber trotz der unendlichen Größe positiv stimmt und uns das Gefühl von Geborgenheit vermittelt.  

1. Oktober 2000

Den Zusammenhang zwischen Poesie und Komplexität klären. Der Frage nachgehen, in welcher Erscheinung komplexe Strukturen auftreten müssen, um als poetisch angesehen zu werden.


•  Es geht um Malerei und somit auch um Farbe und deren Organisation auf der Fläche und im Raum>

•  Ziel ist, eine Poesie im Ausdruck, eine Präzision im Setzen der Farben zu erreichen>

•  Das Gefüge aus System und Intuition dient der Optimierung der Genauigkeit (Richtigkeit>Wahrheit)>

•  Mein Bestreben geht dahin, die Komplexität die sich mir entgegenstellt, handhaben zu können>

• Die Verdichtung der Teile führt zu einer Ordnung auf der Bildfläche>

• Sie ist nicht einfach, sondern organisiert und klar im Ausdruck


6-10-00

Auf die Frage, was an meiner Arbeit komplex sei, bzw. was ich unter Komplexität verstehe, ist folgende Antwort zu geben>

komplex ist die Arbeit nicht nur aufgrund der hohen Anzahl der Farben und den damit verbundenen Entscheidungspunkten nach Farbton/Größe und Ort, sie ist auch nicht nur aus dem Grunde komplex weil die Bilder bis zu 388 Schichten tragen und auch nicht weil sie eingebettet ist in eine 50000 Jahre alte Geschichte der Malerei...

Sie ist komplex, weil sie selbständig Selektionen anordnet und weil es durch Organisation der so entstehenden Strukturen gelingt eine Ebene der Anschauung zu schaffen, die sich auszeichnet durch das Fernbleiben von Beliebigkeit. Die Komplexität, von der ich spreche hat nichts gemein mit einer Ansammlung von unendlich vielen Teilchen. Sie entsteht erst im Prozess der Entscheidungsbahn, ist also ein Produkt der Selektion.

Und diese Auswahl beginnt mit den von mir bestimmten Materialien (Farbe etc) und geschieht sodann bei jedem Streifen, der in Farbton, Größe und Ort bestimmt werden muss.

(Auswahl = Abwahl von X)

Das Besondere an diesem Vorgang ist glaube ich, dass sich die Selektionen die ich vornehme auf ein bestimmtes gleich bleibendes Motiv zurückführen lassen. Ich entscheide mit dem Hinblick auf eine Annäherung an ein Produkt, welches in meiner Vorstellung vor allem von Poesie, Harmonie und Güte gekennzeichnet ist.

So wie in ökonomischen Systemen eine komplexe Struktur aufgrund wirtschaftlicher Vorteile entsteht, so ist meine Art von Komplexität eine Strukturierung von Material mit dem Ziel, ein Zu Hause für die Poesie zu schaffen.


Das, was an meinen Bildern unter anderem Beachtung erhalten sollte, ist die Tatsache, dass ich ganz eigene Prioritäten in der Farbhandhabung setze. Wichtig beim Prozess der Herstellung sind doch folgende Entscheidungen >

Farbton

Farbgröße

Farbort

Bei Farbsystemen werden meist die Farbkoordinaten Farbton, Sättigung und Helligkeit genannt bzw. Buntton/Helligkeit und Buntheit oder im Computer Farbton/Helligkeit und Sättigung.

In der Vorbereitung der Farbpalette kommen Größe und Ort noch nicht vor. Die Farbmischsystematik enthält die Farbe ebenfalls in den Charakterisierungen, die üblich sind. Die Palette ist allerdings so aufgebaut, dass sich die Helligkeit der Farbe nicht durch das + von weiß ergibt, sondern eng verbunden ist mit der Sättigung. Während das Weiß auch als Einzelton auftaucht und durch Überlagerung der Farbschichten diese doch indirekt heller macht im traditionellen Sinne. So geschieht es aber nicht, dass Dunkelheit durch Schwarz erzeugt wird. Die Dunkelheit eines Farbtons ist in meiner Vorgehensweise nur durch eine hohe Sättigung der Farbe zu erlangen. Dunkelheit und Sättigung sind also gekoppelt. Wie schon erwähnt kommt Weiß als Einzelton vor und zwar in den bekannten Abstufungen:

(Ltxfbl +1W, Ltxfbl + 1/2 W, Ltxw + Fbl)

milchig,         nebelig,           weiß

Dieser wird meist eingesetzt, um den Farben eine andere Art von Helligkeit zu verleihen, als sie durch ein Erhöhen der Transparenz erreichen. Wichtig ist also, dass die Unbuntheit in Richtung weiß stattfindet, in Richtung schwarz aber nicht.


Worauf ich eigentlich eingehen wollte war die Einbeziehung von der Größe bzw. durch die Wahl der Streifen die Breite und der Ort bzw. durch die Wahl der Streifen die x-Koordinatenpunkte.

Das Phänomen taucht jetzt auf, dass die Größe der Farbe eng mit dem Ort verbunden ist und zwar in dem Sinne, dass ein exaktes Bestimmen der Größe bzw. Breite auch ein exaktes Bestimmen des Ortes der Farbe mit sich bringt. (umgekehrt)

Ort > Breite

Diese Parameter werden also zusätzlich entschieden und notiert.

Nun wäre zu ermitteln, inwieweit meine Anordnung der Farben in Form von Streifen Aufschluss geben kann über die relative notwendige Größe von Farben.

Dadurch, dass die Farben nicht in Flecken auftauchen, sondern im Gegenteil jegliches Anzeichen von amorpher Gestalt negieren, müsste ein Erforschen der Farbgrößenverhältnisse erleichtert sein. In jedem Bild wird festzustellen sein, wie groß ein Rot in Nachbarschaft zu Blau sein muss. Würde ich soviel “Analyseflächen“ herstellen, dass man einen Durchschnittswert näher kommen könnte, so wäre es vielleicht möglich, herauszufinden, wie sich Rot zu Blau verhalten muss, damit eine harmonische Verbindung entsteht.

Doch glaube ich, dass eine Analyse dessen unmöglich ist - denn wie unendlich sind doch die Nuancen und die zahlreichen Variablen in den “Harmoniegesetzen“. Und die Anzahl der Streifen und die Überlagerung... an eine Untersuchung mit wissenschaftlichem Ergebnis ist da nicht zu denken.

Der Gedanke, die Farben zu reduzieren und das übereinander wegzulassen ist natürlich der naheliegendste, diesem Wust von unanalysierbarer Komplexität entgegenzutreten. Doch täte ich dies, so wäre ich nichts anderes als eine herkömmliche Wissenschaftlerin, die in ihrem Labor die Natur so lange destilliert, bis angeblich ihre Essenz, eine allgemeine Formel herauskommt. Doch alles, warum man sich eigentlich der Arbeit daran ausgesetzt hat, ist verschwunden. Wichtig ist doch vielleicht eher, sich den Rausch zu bewahren, den man beim Staunen über die einen umgebende Realität spürt und sich darüber freuen, Teil dessen zu sein und dass man obwohl man die Gesetze nicht kennt, trotzdem ähnlich komplexe Gebilde zum Leben erwecken kann.

Sobald man die Poesie näher betrachten will, sie ins Visier nimmt und scharf stellen möchte, sofort entgleitet uns der Faden der Analyse und verheddert sich im Netz der irrationalen Komplexität. Was mich daran so reizt oder so verrückt macht, ist die Tatsache, dass diese poetische Komplexität so tut, als könnte man sie verstehen. Sie lockt einen in das Netzwerk hinein, weil sie nach Ordnung aussieht. Und Ordnung oder der kleinste Ansatz von Wiederholung oder Gesetzmäßigkeit lässt der Hoffnung freien Lauf, das Geheimnis ergründen zu können. Doch Poesie besitzt Regeln, deren Sprache eine andere ist, als die des analytischen Verstandes. Und selbst wenn ich sie exakt millimetergenau empfinde, so kann ich sie doch niemandem erklären.


Bei der Farbtagung hörte ich, dass Farbenpaare dann unharmonisch wirken, wenn sie eine „Inversion„ verkörpern. D.h., wenn z.B. gelb und violett als Komplementärfarbe verwendet werden und zwar in der Weise, dass ein dunkles gelb (+schwarz = unbunt) und ein helles violett (+weiß = unbunt) genommen werden.

Dadurch erscheint dann das gelb, was eigentlich heller ist als der dunklere Ton dunkler und umgekehrt. Das gleiche gilt bei allen anderen Komplementärfarben.

Ob dies wirklich so ist, wäre noch zu ermitteln.

Im Übrigen empfinde ich Farben, die mit schwarz abgedunkelt werden, immer oder oft als unschön und vermeide aus diesem Grund diese Art der Verdunkelung. Bei meinen Bildern habe ich die Beobachtung gemacht, dass satte (meine Art der Verdunkelung) Farben in Verbindung mit hellen Tönen sehr reizvolle Zweiklänge erzeugen.


7-10-2000 abends

Ich habe die Vermutung, dass Farben dann einen guten Zweiklang bilden, wenn sie 1. in unmittelbarer oder nächster Nachbarschaft liegen und 2. einen Helligkeitsunterschied zeigen. Ich stelle mir dabei ein kräftiges gesättigtes Grün vor und ein fast transparentes helles Blau. Zu ermitteln wäre, ob die Richtung (im Farbkreis) Einfluss nimmt auf die Qualität; also ob auch ein sattes Blau und ein helles Grün funktioniert. Ich denke schon. Prüfen, wie sich der Grad der Nachbarschaft auf die Güte auswirkt. (siehe Experimente zu Farbe1/Farbe2)

8-10-2000

In Bezug auf die gestrige Notiz habe ich Experimente gemacht und bin zu erstaunlichen Ergebnissen gelangt. Um die Übersicht zu behalten fing ich erst einmal mit den 6 Farben gelb, grün, blau, violett, rot und orange an und stellte am Computer 3 Helligkeitsstufen her. Nun ging ich von der Annahme aus, dass Dunkelgrün (bzw. Sattgrün bei mir) gut zu hellem Blau passen könnte und legte erst dieses Paar und dann diesem Intervall entsprechend die weiteren Farben zusammen.

Es schien perfekt aufzugehen:

Gelb              Grün             Blau           Violett          Rot          Orange

 +                   +                   +                  +                +                +

Hellrot          Hellblau        Hellgrün     Hellorange   Hellgelb    Hellviolett

Ich habe den Eindruck, dass mindestens eine Farbe übersprungen werden muss im Farbkreis und dass man allerdings nicht bis zur Komplementärfarbe gehen kann. Daraus folgt für mich, dass die ideale Position der dazukommenden Farbe genau in der Mitte zwischen Farbe 1 und ihrer Komplementärfarbe liegen muss.

Die Farbe, die sich als harmonischer Partner ausweist, muss demnach sowohl in Nachbarschaft, als auch komplementär zur ersten stehen. Sie vereint gewissermaßen diese Gegensätze dadurch in sich weil sie genau in der Mitte dieser beiden Charaktere steht.

Das Reizvolle, was sich sodann vor mir zeigt, ist doch das Phänomen einer harmonischen Verschmelzung von Gegensätzen durch das Anlegen an die erste Farbe. Denn die erste Farbe, sagen wir gelb lässt die Kommunikation erst entstehen und bringt durch ihren Ort auf der Farbkreisskala die zweite zum hin und her Springen zwischen Nähe und Ferne, zwischen dem Wunsch nachbarschaftlich zu wirken und dem Hang einen Gegensatz bilden zu wollen. Bei der Anschauung bemerke ich richtig, wie die Wahrnehmung der helleren zweiten Farbe variiert, je nachdem wohin ich sie mir vorstelle.

Sehe ich das Verwandte der Farben, so schleicht sich immer ein Unterton von komplementären Tendenzen ein. Das helle Lila unter dem Orange trägt doch merklich diese kleine Nuance blau in sich und lässt mich nicht los.

Sobald man von dem Prinzip, die Farbe zwischen der 1. und ihrer Komplementärfarbe auszuwählen Abstand nimmt, löst sich die Spannung auf und ein langweiliger statischer Zweiklang entsteht.

Ich glaube, das Phänomen so beschreiben zu können, dass in der genannten optimalen Kombination die Farbe beginnt dynamisch zu werden.

Sie füllt einen größeren Raum aus, als in anderen Beziehungen und eben genau aus dem Grunde weil die obere Farbe dazu animiert hin und herzuschwenken mit dem inneren Farbauge. Wir bewegen die Farbe und erzeugen damit einen größeren Raum.

Oder besser wir sehen dadurch, erleben dadurch den Raum den die Farbe einnehmen kann, wenn sie in Position zum richtigen Gegenstück gestellt wird. Interessanterweise offenbart sich hier ein Phänomen, welches ich auch in Ausstellungen zum Prinzip gemacht habe bzw. darauf hin arbeite und versuche das Ziel zu erreichen. Denn was strebe ich anderes an, wenn ich z.B. meine Bilder (Farbe 1) mit Pflanzen (Farbe 2) zusammenbringe? Es geht doch um die Erhöhung der Sichtbarkeit der beiden „Teilnehmer„. Oder sind meine Bilder als Farbe 2 anzusehen? Denn bei der Wahrnehmung der Zweiklänge erweist sich immer die hellere zweite Farbe als diejenige, die an Raum gewinnt, die plötzlich mehr wird, als sie vorher ohne die 1. war.

Die satte Farbe scheint statisch zu sein, fungiert nur als Regler. Sie ist zu fest in ihrer Sattheit, als dass Unklarheit darüber aufkommen könnte, ob es sich um ein Rot oder Gelb handelt.

Die hellen Farben geben Spielraum durch ihren Weißanteil, bieten in gewisser Weise Freiflächen zur Füllung an. Doch wie bei diesen optimalen Farbzweiklängen muss es auch in Ausstellungen gelingen, einen „Raum“ sichtbar zu machen, der vorher ohne die Zusammenführung zweier Teile nicht klar erschien.

Nun handelt es sich hierbei um eine Zusammenführung nur zweier Farben. Die Meisterschaft besteht darin, dieses Geheimnis zu verinnerlichen und in ein großes Bild einzubetten. Und dieses ist gefüllt an solchen und anderen Farbklängen. Auch hier muss die Mitte gefunden werden.

Die Mitte zwischen Ruhe (wo die Farbe bei sich selbst ist) und Konfrontation (wo die Farbe ihren Wettstreiter findet) scheint Harmonie zu erzeugen.

Oder ist Harmonie das Wort, welches vielleicht gar nicht die Priorität erhalten sollte? Geht es am Ende viel mehr um Bewegung? Um Leben? Bleibt ein Mensch isoliert kommt es dem Tode gleich, fängt er Auseinandersetzungen an, kommt es im schlimmsten Falle zu Kriegen, was bekanntlich auch nichts anderes als eine Negation von Leben bedeutet.

Verbirgt dieses kleine Farbphänomen etwa das Geheimnis, wie sich Teile jeder Art zueinander stellen müssen um 1. überleben zu können und 2. auch noch davon profitieren ohne Schaden anzurichten? Ist auf dieses “Farbspiel“ etwa mehr zurückzuführen als nur die Erzeugung von virtuellem Raum, virtueller Energie oder gibt es Anzeichen dafür, dass die Bewegung die uns umgibt, die reale Bewegung des Universums, die Dynamik der Planetenlaufbahnen, die Anziehungs- und Abstoßungskraft aus dieser Entdeckung heraus zu erklären ist? Doch was ist dann mit der Beobachtung, dass es in der Zweiergruppe immer einen statischen und einen dynamischen Teil gibt? Wir drehen uns um die Sonne und empfinden sie zumindest als statisch. Doch sie steht wieder in Verbindung mit einem größeren Teil.

Stelle ich zwei Farben gleicher Helligkeit zusammen und erwarte einen ähnlich dynamischen, wenn nicht gar noch höher dynamischeren Effekt (da ja nun beide Farben gleichberechtigt sind und sich in gleichem Maße ausdehnen könnten...), dann spüre ich jedoch eine Abflachung der Spannung. Nun scheint es so, dass niemand von beiden das erste Wort sagt - die erste Frage aufwirft. Stattdessen Schweigen auf beiden Seiten und Beharren auf seinem “Farbpunkt“. Es findet keine Herausforderung statt. Durch das Satte beim ersten Versuch drängte sich diese in den Vordergrund, leitete sozusagen den Prozess der Wahrnehmung ein.

Die helle Farbe schien sich angesprochen zu fühlen und blinkte eine Antwort. Durch das hervortretende Dunkel der 1. Farbe und das “Blinken“ der zweiten Farbe entstand so eine immerwährende Kommunikation.

Bei Beispiel 2 fängt keiner an. Das Gelb fragt nicht das Rot, wie es zu ihm steht, was es von ihm hält - will nicht wissen, ob es mit nachbarschaftlichen Zügen ausgestattet ist oder ihm eher konfrontativ gesonnen bleibt.

Ich glaube, die Tatsache, dass wir bei bestimmten Zusammenführungen Harmonie empfinden und zwar diese Art von ewiger Harmonie ohne Spannungsabbau - diese Fähigkeit der Wahrnehmung soll uns einfach zeigen, dass die Situation in diesem Zustand optimal ist.

Harmonie dient als Markierung für das Optimum.


9-10-00

Wenn Farbe 1 und Farbe 2 sich wie beschrieben ergeben (Farbe 2= Die Mitte zwischen Farbe 1 und ihrer Komplementärfarbe), dann muss es doch auch möglich sein, die andere Hälfte des Farbkreises zu nehmen und dort die zweite Farbe zu ermitteln. D.h. bei Gelb kann sowohl Grün, als auch Rot die zweite Farbe sein.

Das Fehlerhafte an den Farbdarstellungen ist, dass ich die Zwischentöne nicht mit ausgedruckt habe, d.h. das Grün , welches ich unter das Gelb setze, darf gar nicht das gleiche Grün sein wie das satte Grün, welches oben auf das Gelb folgt, usw.

Außerdem muss ich die richtige Mischung anwenden


d.h. also, dass bei Gelb als Farbe 1 sich Violett als Komplementärfarbe ergibt und dem zur Folge entweder Grünblau oder Orangerot als Farbe 2 möglich sind.   

Zu ermitteln wäre nun auch, ob sich durch die zweite Farbe 2 eventuell ein harmonischer Dreiklang ergibt.

Und in welchen Helligkeitsstufen diese 3 Farben zueinander stehen müssen.


Bei dieser Darstellung wird klar, dass 1. die Komplementärfarben die gleichen beiden Farben als Farbe 2A+B haben und 2., dass eine Auflistung der so zustande kommenden Farben alle Farben aus dem Farbkreis wieder vereint.

Harmonie hat ja bekanntlich viel mit Vollkommenheit, mit Ganzheit, mit Vielheit in der Einheit zu tun. Nun, an dem Phänomen mit Farbe 1 und Farbe 2A+B scheint diese Annahme bewiesen. Ich bin anfangs nur von der Empfindung ausgegangen, dass ein sattes Grün gut zu einem hellen Blau passen könnte und habe dann schrittweise Gesetzmäßigkeiten gefunden und konnte durch die Vorlage eines Farbkreises präzise Farbzusammenstellungen anordnen. Jetzt hat sich gezeigt, wie die Farbenharmonien zustande kommen und was dahinter steckt.

Das Ganze   Wichtig daran ist jedoch, dass man das Ganze als solches gar nicht erscheinen lassen muss oder sollte. Es ist nicht wichtig, dass man die Vollständigkeit sieht sondern dass man sie ahnt. Das Wahrnehmen der Vollständigkeit muss im Fragment angelegt sein. Das Kleine muss also das Große enthalten. Womit wir wieder bei der Chaostheorie wären...

Das Ganze kann jedoch nur als Teil von Etwas sein, wenn mindestens 2 Elemente beteiligt sind - zumindest scheint mir das bei den Farben aufzufallen. Isolierte Farben sind in sich stimmig, haben aber durch das Fehlen von Kommunikation 1. keine Verbindung zu anderen Farben und 2. keinen Anteil am Universum.

«Die Farben stehen zwischen dem Weißen und Schwarzen, das man auch sieht,

wenn man in ein Auge schaut»

aus „Farbsysteme in Kunst und Wissenschaft“, Seite 196

Einer der ersten Kabbalisten in der Provence hat Gott dargestellt als «der Eine, der sich in allen seinen Kräften eint, wie die Feuerflamme, die sich in ihren Farben eint, und seine Kräfte emanieren aus seiner Einheit wie das Augenlicht, das aus der Schwärze des Auges hervorgeht.»

aus „Farbsysteme in Kunst und Wissenschaft“, Seite 207


14-10-00

Wenn es sich als richtig herausstellt, dass diese Methode der Zweiklangbildung, wie ich sie auf den letzten Seiten dargelegt habe, zu Harmonie führt, so muss es auch möglich sein, meinen Farben den entsprechenden Part zuzuordnen. Es wäre wohl zumindest erforderlich von den 53 ausgewählten Tönen eine solche Tabelle anzulegen. Die Entwicklung eines Densitometers, was nicht nur den Farbton an sich analysiert, sondern dazu noch die CMYK-Werte der Farbe 2 ermittelt, wäre eine Handlung, die parallel dazu laufen könnte.

Doch der nächste realistische Schritt wird der sein, einen Farbkreis oder besser eine “Farbenform“ zu finden, die meine Entdeckung der kommunizierenden Hell-Dunkel-Felder zur Anschauung bringt. Ich stelle mir mehrere Ebenen vor, die man zueinander verschieben kann; sodass sich sowohl die ursprünglichen Orte der Farben erkennen lassen - als auch die Harmoniepaarung in Erscheinung treten kann.


15-10-00

Beim Versuch, die Farbpaare in einem Farbrad anzuordnen und dem Wunsch, die Beziehungen auf diese Art sichtbar zu machen, verselbständigten sich plötzlich meine Handlungen. Ich legte Farbrad an Farbrad und zwar immer so, dass sich an den Berührungspunkten 2 Harmoniepaare koppelten. Es war möglich, das Farbrad ohne Drehung an das vorherige Original anzupassen. Dabei entstand unumgänglich eine musterähnliche Struktur; teilweise wiederholten sich die Verbindungen, teilweise auch die Stellung der Farbräder untereinander. Ich experimentierte, in welcher Weise sich das Netz weiterentwickelte und beobachtete, dass es stark verdichtete Gegenden gab - dort wo 4 Farbräder so zueinander standen, dass sie die größtmögliche Nähe und größtmöglichste Anzahl an Verknüpfungslinien bildeten - und erkannte, dass sich auch Strukturen von hohem Leerraumcharakter abzeichneten. Je nachdem, wie ich anfing und auf welche neuen Farbpaarungen ich das neue Farbrad ausrichtete - immer entstand eine hochvariable komplexe Struktur, die in sich sowohl Symmetrie als auch völlige Ungleichheit vereinte. Es tauchten Gesetzmäßigkeiten auf, doch im gleichen Augenblick entglitt mir das Netz und es bildeten sich Einzellinien, die nur in der Geraden mit dem „Klumpen“ verbunden waren. Kurz, ich spürte an einer so simplen Sache wie sich Teilchen zu großen Gruppen und Übergruppen zusammenschließen können, wenn nur die Verabredung - hier Bedingung Farbe 1 und Farbe 2, sowie deren komplementäres Paar als Kopplungspunkt anzuerkennen - getroffen wird.

Ich nehme an, dass sich die Nähe der Farbräder erhöht, wenn ich statt der momentan 12 Farben bspw. 24 verwenden würde. Ich glaube, dass durch die größere Anzahl an Bindungsstellen auch die Möglichkeit steigt, ein  engeres  Netz zu knüpfen.

Und bedeutet dies nicht, dass sich dadurch die Dichte steigert? Wäre dies nicht der Beweis dafür, dass eine komplexe Teilchenansammlung unter bestimmten und zwar hier auf Harmonie beruhenden Bedingungen zu extremer Verdichtung führen kann? Und ist es etwa auch so, dass sich diese Dichte zwar einstellen kann, aber nicht muss? Dass es einer Kraft bedarf, die diese gut geeigneten Teilchen zusammensteckt?

Bedarf es also mehrerer Teilnehmer an dem Spiel? Oder ordnen sich die Teile nach einem langen Zeitraum durch Zufall auf eine optimale Weise?

Je mehr Farben man einsetzt, desto runder wird das Rad. Aus einem anfänglichen Kreuz entwickelt sich eine Stern und dann ein Kreis. Hier werden die Andockpunkte immer geschmeidiger und die Kreise bewegen sich gefühlvoll aufeinander zu.

Passen die Kreise nur noch so aneinander, dass der untere Teil einen anderen überlappt, so muss man sich das zweidimensionale Modell im dreidimensionalen Raum vorstellen und schon ist es möglich Netze zu knüpfen, die über die Ebene 1 hinausgehen.

Fazit: Komplexität kann also wahrhaftig Verdichtung zur Folge haben. Oder nennen wir Komplexität das Ergebnis und eine “Vielzahl von Teilchen“ das Anfangsstadium. Und knüpft man diese vielen Teilchen in Harmonie zusammen, d.h. in der Art von Harmonie, die ich beschrieben habe (dynamisch, lebendig, Gegensätze vereinend), dann kommt funktionierende Komplexität und kein Chaos heraus.

Und wie ist das eigentlich mit den Menschen?

Je mehr Anknüpfpunkte, je mehr Interessen ein Mensch hat, desto besser kann er Teil eines gesellschaftlichen Netzwerkes werden, desto mehr gelingt es ihm, sich geborgen zu fühlen und umgeben von vielen weiteren Teil des Ganzen zu sein. Und entsteht dadurch nicht auch Verdichtung und Annäherung, je komplexer jedes einzelne Teilchen, also jeder Mensch ist? Und bedeutet Einseitigkeit vielleicht nichts anderes als den Zustand von Isoliertheit. Besteht dann nicht immer die Gefahr des Ausschlusses, wenn auch der letzte und einzige Verbindungsstrang gekappt wird?

Und was ist mit der gegenteiligen Entwicklung? Wie ist es zu betrachten, dass sich die Menschen zwar immer mehr Verknüpfungspunkte anlegen aber dadurch auch immer gleicher werden? Oder werden sie nur äußerlich, nur von der Form her gleich? Wird jeder zu einem geschmeidigen, flexiblen runden Teilchen, welches sich in jede Netzstruktur einbinden kann? Und was ist mit denen, die gar keinen gemeinsamen Anknüpfungspunkt besitzen? Sie treiben einsam durch die Weite des Universums.


17-10-00

Die Ermittlung der Farbpaare Farbe 1 und Farbe 2 erfolgte bekanntlich auf zweifachem Wege. Jeder Farbe 1 können also zwei Farben 2 zugeordnet werden. Das eine Mal fange ich in gewisser Weise links von Farbe 1 an und das andere Mal auf der rechten Seite des Farbkreises. Ich wähle also die linke und die rechte Mitte zwischen Farbe 1 und ihrer Komplementärfarbe aus. Grund dieses Auswahlverfahrens war die Annahme, dass dadurch die Farbe 2 so beschaffen sein muss, dass sie sowohl als nachbarschaftlich zu Farbe 1 gelten kann, als auch eine Affinität zur Komplementärfarbe besteht. Jetzt stellte ich allerdings fest, dass bei den Farbpaaren extreme Schwankungen in Bezug auf diesen angeblichen Mittelwert vorkommen. Ich muss herausfinden, ob diese Differenzen etwas mit der Richtung zu tun haben und/oder mit dem falsch vermuteten bzw. übernommenen Abstand zwischen den Farben. Der erste Gedanke war doch unter anderem der, dass ich annahm, eine Farbe überspringen zu müssen, um zu Farbe 2 zu kommen. Diese Vermutung pauschalisierte ich und wählte immer die systematische Mitte. Kann es sein, dass sich die Metrik des Farbkreises nicht einheitlich gestalten lässt? Es ist wahrscheinlich, dass es eventuell in bestimmten Farbräumen mehr Farbtöne gibt, als in anderen, dass sich dadurch eine größere Anzahl von Feldern bildet und somit sich auch die Auswahl von Farbe 2 verändert.

Wenn dies so ist und wenn es mir gelingt, die wirkliche Mitte zwischen den Komplementärfarben zu finden, dann wird sich der Farbenkreis auch in seiner Ausdehnung verändern; bzw. die Raumausdehnung jeder Farbe muss neu definiert werden.

Um den Komplementärcharakter und die Beziehungen in kurzen Formen zu erkennen, habe ich Zahlen eingeführt. Doch wie schon erwähnt kann dies nicht zu einer wirklichen den Farben entsprechenden Metrik führen. Es ist nur eine Vereinfachung. Die Bezeichnungen am Farbkreis beziehen sich auf die satte Farbe. 

Wenn der Farbenkreis Farbtöne dazubekommt, sich also die Abstände zwischen den jetzigen Farben verschieben - dann machen die Zahlen zur besseren Handhabung einen Sinn. Vorher nicht. Das bewirkt nur den Trugschluss, dass alles richtig sei.

Um der Fragestellung weiter nachzugehen, wieso sich bei einigen Farbpaaren dem Gefühl nach mehr Nachbarschaft oder mehr Gegensatz als nötig zeigt, muss ich jedes Paar untersuchen und die Beobachtungen auswerten.


Farbpaare: ( Farbe 1 + 1. Farbe 2)

A= gelb + grünblau

B= gelbgrün + blau

C= grün + blauviolett

D= grünblau + violett

E= blau + violettrot

F= blauviolett + rot

G= violett + rotorange

H= violettrot + orange

I= rot + orangegelb

J= rotorange + gelb

K= orange + gelbgrün

L= orangegelb + grün

Farbpaare: ( Farbe 1 + 2. Farbe 2)

M= gelb + rotorange

N= gelbgrün + orange

O= grün + orangegelb

P= grünblau + gelb

Q= blau + gelbgrün

R= blauviolett + grün

S= violett + grünblau

T= violettrot + blau

U= rot + blauviolett

V= rotorange + violett

W= orange + violettrot

X= orangegelb + rot


19-10-2000

Betr.: Positionsblätter

Die Informationen, die in diesen Aufzeichnungen enthalten sind extrahieren.

1. Häufigkeit einer Farbe

2. Ort der Farbe (ähnlich wie die Filme in der Druckerei, die Farben isoliert darstellen)

3. gesamte cm-Breite einer Farbe addieren

4. durchschnittlliche Breite einer Farbe > Größe

22-10-00

Raumplanung im neuen Atelier, notwendige Einrichtungen:

1. Arbeitsplatz für die malerische Tätigkeit, d.h. Böckchen + Platte mit ausreichend Freiraum

2. Abstellplatz für die 92+xxx Farbdosen, so dass sie immer griffbereit sind

3. Mischplatz für größere Umfüllungen oder neue Experimente im Farbenmischen

4. Archivierungsplatz für abgeschlossene Bilder

5. Platz für Kiste von Heinzz

6. Schreibplatz für rein theoretische Arbeiten + Bücherarchiv

7. Sitzplatz zum Lesen + Espressomaschine + Stühle für Gäste

8. Platz für meinen neuen kleinen Schrank

9. Platz für Aluschrank aus Vellmar

10. Platz für Stereoanlage


Keilrahmeninventur:

60cm : 44x

80cm : 10x

90cm : 2x

100cm : 8x

120cm : 6x

130cm : 18x

135cm : 18x

140cm : 2x

160cm : 8x

170cm : 6x

180cm : 18x

190cm : 2x

210cm : 6x

240cm: 6x

40cm: 6x

50cm: 2x


26-10-00

Das Wichtige oder Besondere oder Wesentliche an meinen Bildern ist vielleicht weniger das Bildwerk, als vielmehr das Lebenswerk. Im Grunde geht es um das Wie des Erzeugens der Produkte, nicht so sehr um das materialisierte Ergebnis. Es ist die Art und Weise der Lebenszeitnutzung, die in den Vordergrund der Beachtung rücken sollte. Wenn Künstler Modellmenschen darstellen, wenn sie als erster Abschnitt, als die Spitze der Wahrnehmungspyramide fungieren sollen, so sind sie immer auch Vorbild für die anderen der Gesellschaft. Es geht auch nicht darum, die Werke der Künstler nachzuahmen - es geht um ihre vorbildliche Nutzung von Lebenszeit. Und ich glaube, dass gerade in meiner Arbeit deutlich wird, welches Verhalten gegenüber Material und der Zeit zu einem glücklichen, erfüllten Leben führen kann, und nebenbei sozusagen Bildwerke abwirft, die von diesem Glück erzählen, die es eingefangen haben. Jeder Streifen scheint einen glücklichen Augenblick festgehalten zu haben. Denn in dem Moment des Tuns befinde ich mich in Einheit mit dem Universum. Es ist diese Sorgsamkeit mit der ich dem Material und dem zur Folge also der Welt versuche gegenüberzutreten. Ich sorge mich um die Harmonie und setze meine gesamte verfügbare Lebenszeit ein, um dem Material zur optimalen Form zu verhelfen. Es geht nicht um das Werk , es geht um die Demonstration von tausend geglückten Augenblicken. Es geht um ein Leben voller Funken und kleiner konzentrierter Zeitstreifen. Wie unterschiedlich kann man doch seine Lebenszeit nutzen ?! Das Besondere an meiner Art der Lebenszeiterfahrung ist, dass ich die Priorität auf Wahrnehmungsschulung und Sorge um Relation lege. Ich versuche, die Arbeit an den Streifenbildern als (m)eine Möglichkeit der Begegnung mit dem eigenen Dasein und der Welt zu betrachten. Als ein Produkt, dass zwischen der zeitlichen Begrenztheit der eigenen Existenz und der ewigen Weite der Welt von der Suche und dem Finden von Glück Auskunft gibt.


24-11-2000 

Weiterhin der Frage nachgehen, inwieweit die Farben des herkömmlichen Farbkreises in ihrem Abstand korrigiert werden müssen oder können, um bei meiner Methode der Paarbildung zu gleichen Spannungen zu kommen. (d.h. nicht zu nachbarschaftlich und nicht zu komplementär)

Die dann herausgefundenen Paare eventuell als „Hauptakteure“ von Bildern einsetzen.

03-12-00

Beim Aufwachen hatte ich die Vorstellung davon, die Quadratzentimeter-Anzahl der Streifenbilder in der Weise zu ermitteln, dass ich die reale Breite jedes Streifens berechne und sodann die Summe bilde.

Ich bin gespannt auf die Zahl, auf die Fläche, die sich ergeben würde, würde ich die Streifen alle nebeneinander malen...

Des Weiteren bin ich so einer anderen meiner Fragen näher gekommen - anhand einer solchen Aufstellung ließe sich auch nachvollziehen, in welcher Häufigkeit bestimmte Farben auftauchen.

Auch die durchschnittliche Breite bestimmter Farben wäre zu ermitteln. Ich könnte feststellen, in welchen Bildern mehr mit Weiß gearbeitet wurde, mit welcher Ausdehnung Ltxfbl+1W (milchig) auftaucht und es wäre sogar eine Favoritenliste erstellbar.

Der Frage kann auch nachgegangen werden, wieviel Rot in einem Bild auftaucht, wenn eine bestimmte Größe von Blau vorhanden ist.

Es gibt noch viel zu erforschen. Doch vor allem muss ich nun wieder anfangen, neue Bilder zu malen.

Habe 2 Leinwände schon grundiert, in den Maßen 160 x 120 cm, sowie 210 x 80 cm.


Theoretische Arbeit:

Am Computer weiterhin meine Farbharmonien untersuchen und parallel dazu Erkenntnisse anderer Farbforscher visualisieren und betrachten. Ermitteln, inwiefern Ähnlichkeiten bestehen und wo unterbewusst Harmoniegesetze angewendet worden sind.

13.Dez 2000

Die alte Farbpalette in der Weise überarbeiten, dass Nr.3 (23)-Braun nur als Singulärfarbe erscheint, da die Farbe Nr.4 (24)-Grau die Aufgabe weitgehend übernimmt. Außerdem als reguläre Farbtöne hinzunehmen:

Nr.9 (11)-Violett sowie Nr.10 (18)-Orange

Ob eine neue Reihenfolge notwendig ist, wäre zu erwägen. Doch da sich die Farben nicht nach einer Farbordnung im Sinne der Farbkreissystematik ergeben haben, ist es sinnvoller die Abfolge so zu belassen und somit auf den Ursprung aus der Landschaftsmalerei zu verweisen (mit den ersten Grundtönen Blau und Ocker)


alte Palette >  (x) = Herstellernummer

Blau               1 (9)

Ocker            2 (5)

Braun            3 (23)

Grau              4 (24)

Grün              5 (13)

Rot                6 (10)

Gelb               7 (7)

Englischrot    8 (4)

neue Palette >

Blau                  1

Ocker               2

Grau                 3

Grün                 4

Rot                   5

Gelb                 6

Englischrot      7

Violett               8

Orange             9

Braun              10


Wenn jede Farbe mit jeder anderen 3 verschiedene Mischzustände eingeht und selbst als Singulärfarbe auftritt, so ergibt sich zusammen mit Braun die Anzahl von 118 Farben.

Notizen zum nächsten Bild: ( 160 x 120 cm)

Oben Warmorange

+ Türkis

Mitte Weißanteil groß

+ Hellgrau + Lila

Unteres Drittel kräftiges Grün

dann helles Blau

Ganz unten abfangen mit

Dunkelrot?

14.Dezember 00

Nach dem neuen Ausmischen der Farbtöne, die von mir gebildete Palette auf dem Farbenkreis einzeichnen und somit ermitteln

1. welche Töne durch dieses Mischsystem abgedeckt werden

2. wie eventuell wünschenswerte Töne noch dazukommen können.

2. Januar 2001

Der Beginn des ersten Bildes nach der langen Pause verlief etwas ungeduldig. Ich trug zu schnell intensive Farbflächen von nicht unerheblicher Breite auf. Dies führte zu unregelmäßiger Farbverteilung und legte außerdem zu schnell die gesamte Farbkomposition fest. Als Gegenmaßnahme folgten heute einige Weiß-Streifen, die einen Großteil der Farbräume verdeckten und Offenheit für mehr Variation bieten. Wenn ich eine Grünfläche neben eine Blaufläche setzen will, darf dies nicht von Anfang an erscheinen wollen. Zumindest nicht in der Intensität, die ich vor Augen habe.

Auch eine annähernd monochrome Farbfläche muss Streifen für Streifen aufgebaut werden, muss immer wieder durchbrochen werden durch weiße Streifen, oder an Prägnanz verlieren durch milchigen Auftrag. Es ist zudem erforderlich, die hohe Anzahl an Grüntönen, die mir zur Verfügung stehen auch wirklich zu nutzen. Beim nächsten Bild also auf folgendes Acht geben:

1. Die Farbklimata sehr zart skizzieren

2. kräftiger werden, doch nur in verhältnismäßig kleinen Streifen

3. Auf einen Farbauftrag immer auch weiß setzen und dann den nächsten Streifen über den Untergrund und das Weiß setzen.

4. kleine Akkorde wagen, hell-dunkel, hohe Variation > viele farbige Streifen

In diesem Bild will ich erreichen, dass eine hohe Anzahl an ausdrucksstarken Akkorden* nebeneinander existieren und sich wie kleine Sensationen gegenseitig zu übertreffen versuchen.

Dabei kann es auch Gruppen geben, die sich normalerweise nicht zusammenstellen ließen, im Bild jedoch durch entsprechenden Abstand bzw. gelungene Übergänge und Zwischentöne in Harmonie gebracht werden.

*Bei den Akkorden auch die Hell-Dunkel Komponente ausspielen ! (in einem Klang)


16-01-2001

Beim ersten Bild im neuen Jahr bin ich inzwischen bei Streifen Nr. 63 angelangt. Es stellt sich als sehr schwierig heraus, die gesammelten theoretischen Erkenntnisse auf konzentrierte Art anzuwenden. Das Vorhaben, große Flächen verschiedener Helligkeit nebeneinander wirken zu lassen, konnte ich noch nicht realisieren. Im Moment bin ich damit beschäftigt, die grobe Farbskizze zu konkretisieren und eine Basis zu schaffen. So wird die Vorstellung von einer grünen Fläche auf die Weise umgesetzt, dass ich eine möglichst hohe Anzahl an verschiedenen Grüntönen in Streifen übereinander lagere. Zwischendurch wird schon in diesem Frühstadium weiß darüber gelegt, so dass es möglich wird, dem nächsten Grün eine neue Ebene zu geben und das Leuchten zu verstärken. Auch werden mit dem milchigen weiß sehr dunkle Farben wieder teilweise überdeckt. Dies dient einerseits der Variation der Streifen, als auch einer Pastellisierung der Farben.

Ich merke, dass ich zu Beginn nur glaube das Bild einschätzen zu können - doch die ersten Annäherungsversuche, das Setzen von den ersten 100 Streifen ist im Grunde als die Phase des Zusammenwachsens von Bild und mir zu verstehen. Langsam lerne ich es besser kennen, arbeite mich mit jedem Streifen etwas vor und schaue wie es reagiert und versuche die darauf folgenden Farben immer präziser zu setzen. Es ist die Vorbereitung auf einen Dialog, in dem nichts Überflüssiges mehr auftaucht. Diese Zeitspanne erfordert sehr, sehr viel Geduld und das Bewusstsein, dass der noch herrschende Mangel an Harmonie, das Defizit an Dichte und das Fehlen von Spannung nur behoben werden kann, wenn man auch in dieser Phase sehr überlegt vorgeht und keine Abkürzungen versucht zu nehmen. Es ist ein Zusammenwirken zu einer Einheit, und ein Anwachsen der Schichten.


Dienstag, 17-01-01, 23 Uhr 30

Ich darf zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Dinge tun, die erst mit den letzten Streifen realisiert werden können. Ich muss mich disziplinieren, auf der Stufe bleiben, wo sich das Bild befindet und einen langsamen gemeinsamen Anstieg befördern. Obwohl ich das Wissen und das Gefühl für die letzten Schritte in mir trage, sie wie einen Schatz geborgen halte - so kann ich diesen Reichtum erst anwenden, wenn das Bild ein gewisses Stadium erreicht hat. Und das Wichtigste daran erscheint mir die Tatsache, dass das “Durchhalten“ auf den unteren Stufen nicht weniger meisterhaft ist, als am Ende dem Bild den letzen Schliff zu verleihen. Ich glaube sogar zu wissen, dass die Meisterschaft eher darin liegt, diese unteren Ebenen zu überwinden, sie durch Ausdauer und dem Lenken in die richtige Richtung zu durchlaufen.

Und sind diese unteren Ebenen nicht auch in ihrer Zeitspanne viel weitläufiger und durch ihre Unordnung so gefährlich beliebig? Wie nah hier ein Absturz in das Zufällige ist. Und wie groß die Kraft, diesem zu widerstehen?

Wie einfach hingegen, kurz vor Schluss den letzen Streifen zu setzen. Die Fläche ist vorbereitet, Schritt für Schritt ist sie auf diesen Moment der Vollendung zugegangen, ganz behutsam wurde ihr eine Harmonie eingewebt. Ich weiß nicht, wie viele Stufen es sind, die es braucht, um zur letzen Ebene zu gelangen. Ich weiß aber, dass sie immer kleiner werden und dass jeder Streifen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Am Anfang ist es noch ein Ausprobieren, die Richtung steht erst grob fest - dann zeigt sich Struktur und Farbfelder beginnen zu kommunizieren. Bald ist der Charakter klar und es wird auf seine Vervollkommnung hin gearbeitet. 

Was ist dies anderes als der Prozess des Lebens? Was ist ein Bild am Ende anderes als  weise?

Es ruht in sich wie ein Mensch mit vielen Erlebnissen, es birgt viel Zeit in seiner Oberfläche und es wird sichtbar mit wie viel Liebe sie eingeschrieben wurde.

18.01.01

Doch was zeichnet Weisheit aus? Wie entsteht Weisheit? Sie ist wohl auch ein Resultat von Fehlern, aus denen man gelernt hat. Und meistens hat «weise sein» auch viel mit Zeit zu tun.

19-01-01 morgens

«Weisheit, im Unterschied zur Klugheit menschliche Grundhaltung, die auf einer allgemeinen Lebenserfahrung und einem umfassenden Verstehen und Wissen um Ursprung, Sinn und Ziel der Welt und des Lebens sowie um die letzten Dinge gegründete ist; altes Weisheitssymbol ist die Schlange.»

«Weisheit Salomos, Abk. Weisheit,apokryphes bzw. (in der Bibelwissenschaft) deuterokanonisches Buch des Alten Testaments.- von der jüdischen Tradition König Salomo zugeschrieben, beschreibt die Weisheit als Geschenk Gottes und Richtschnur für ein vor ihm „gerechtes„ Leben; ist in griechischer Sprache abgefasst; wohl im 1.Jh. v. Chr. in Ägypten entstanden.»

(aus Meyers Taschenlexikon)


Betrachtet man <weise sein> nun als den obersten Zustand, den ein Mensch erreichen kann, als höchstes Ziel, als letzte Stufe vor dem Göttlichen, so wird klarer, warum ich mich beim Setzen der letzten Streifen immer näher am Göttlichen glaube. Nicht das ich selbst gottgleich werde, nein - es geht darum, in der Arbeit dem Göttlichen nahe zu kommen, es in seiner Vollkommenheit und Güte zu ahnen - ja regelrecht zu spüren. Es gleicht einer Berührung des Göttlichen. Ich bezeichne es als ein in Kontakt treten mit dem Göttlichen. Zeit und Raum sind erfüllt von Harmonie und Güte, lösen sich auf in einer Verschmelzung. Es stellt sich wirklich ein Eins-Sein mit dem Universum ein. Man wird nicht selbst zum Göttlichen, sondern spürt, wie es durch einen hindurch gegangen ist und eine Materialform gefunden hat. So wie es in den Blumen erscheint, so kann es auch durch die Menschen strömen.

(P.S: Der Begriff des Göttlichen ist hier nicht mit der Annahme der Existenz eines Gottes im herkömmlichen Sinne gleichzusetzen)


19-01-01 nachmittags

Ich will nicht mehr und nicht weniger, als die schönsten Bilder der Welt malen.


19-01-01 abends

Zurück zur Analyse der Abstände - zuerst in den einzelnen Quadraten:

dabei betrachte ich nur die satten Farben, um eine gleichwertigere Wahrnehmung zu gewährleisten... (siehe Farbe 1/Farbe2)


Zwischenbemerkung:

Überlegung, ein Bild in der Art zu malen , dass sich ein Bereich auf weitgehend - so gut wie möglich - willkürliche Weise zusammensetzt, wo also die Streifen ohne den Antrieb des harmonischen Kombinationswunsches übereinander gelegt werden; und ein anderer auf bekannte Art herzustellen wäre. Schwierig wird es wahrscheinlich, die unterbewusste Macht der Harmonie auszuschalten und dem Zufall das Feld zu überlassen. Es werden einige Tricks notwendig sein, Entscheidungen dürfen nicht von mir direkt gefällt werden.

Allerdings denke ich inzwischen, dass dieses Experiment rein theoretischer Natur bleiben sollte.


22-01-01

Ab Streifen 122 stellt sich ein beruhigendes Gefühl ein; es handelt sich um die Gewissheit, das Malen nicht verlernt zu haben und um eine Aussicht auf ein erfolgreiches Realisieren der Vorstellungen. Es ist noch lange nicht so weit, dass sich detaillierte Harmoniegruppen bilden und als solche stehen bleiben. Auch habe ich jetzt erst angefangen, das obere mittlere Drittel zu bearbeiten. Bislang hatte vor allem der untere Bereich des Bildes, der allerdings bis in die Mitte reicht, den Vorrang. Mit gleicher Beachtung legte ich das obere Feld des Bildes an, was jedoch nur ein Drittel der Gesamtfläche ausmacht. Der Wunsch nach Offenheit und Weite im oberen mittleren Bereich muss nun eingelöst werden. Eine Methode dafür erscheint mir die Verwendung von helleren Farben aus dem Tertiärbereich , eine große Anzahl von weißen Streifen, als auch das Einsetzen von Grau.

Auffallend am jetzigen Zustand des Bildes ist der außerordentliche Vorzug von kräftigen Farben, welche hauptsächlich aus dem Primärbereich stammen oder zumindest nah dran bleiben. Einem Farbrausch ähnlich scheine ich mich an der neuen Palette zu erfreuen, und aufgrund der langsamen Herstellungsweise der Bilder, war es mir bis jetzt nur bei zwei anderen Bildern möglich, Rot und Blau, Gelb und Grün in voller Kraft anzuwenden. Wobei ich erst in diesem Bild den Gedanken der Hell-Dunkel-Kontraste in den Vordergrund stellen wollte.

Beim nächsten Bild tendiere ich allerdings wieder mehr zu Farben aus dem Tertiärbereich. Es ist doch noch weitaus interessanter, die Farben der Natur auch in den Braun/Oliv/Grau/Ocker etc. -Bereichen einzusetzen und sie allerdings mit klaren kräftigen Farbstreifen wie Hellblau oder Hellorange, Gelb oder Rot zu verbinden. Es muss eine konfrontative Stimmung entstehen, die allerdings durch Weiß- und Grautöne ausgeglichen wird. Vorstellbar wäre auch ein Bild, welches sehr schmale Streifen zeigt und der Großteil in Weiß gehalten ist. In diesem Weiß kann ein Hauch Farbe auftauchen. Oder helle Flächen von Grau und Braun als Zwischenfelder. Auf jeden Fall muss ich schauen, dass die Bilder immer mehr an Komplexität gewinnen. Es reicht nicht aus, die Harmoniebeziehungen der Grundfarben zu beherrschen. Hinzu müssen andere Konfliktfelder kommen.

Rein-Unrein

Hell-Dunkel

Schmal-Breit

Kalt-Warm


29-1-01

Kurzer Gedanke, den ich nicht sofort aus dem Kopf streichen konnte und hier als überlegenswerten neuen Ansatz notieren möchte; Jeden Streifen in Wellenbewegung auftragen. Dadurch, dass jeder der unzähligen Streifen zwangsläufig eine unterschiedliche Wellengröße und Wellenhöhe und nur durch Zufall parallelen Verlauf zeigen wird, könnte sich in der formalen Strenge der Horizontalen eine interessante Dynamik ergeben. Eventuell wird durch einen Wellenaufstrich die Farbe homogener verteilt.

30-1-01

Nimmt man an, dass die Welle das effektivste Mittel der Fortbewegung ist, um Teilchen in einer Art Fluss die Richtung, den Standort wechseln zu lassen... so will ich das seltsame Bild eines Universums als Welle aufwerfen. Wieso sollte nicht das maximal Größte in der gleichen Dualität erscheinen wie das Kleinste in der Welt. Es ist nur eine fantastische Vorstellung, die Quantentheorie endet bekanntlich beim Überschreiten der Quantengröße... Doch wie anders dreht sich alles im Kopf, wenn ich mir vorstelle, das Universum als solches ist keine gekrümmte kugelartige Raumausdehnung mit vielen kleinen Planeten und Sternen und Antiplaneten und Antisternen - sondern es bewegt sich “am laufenden Band“. Und die Auswölbung, die wir von der Erde messen können ist nichts weiter als eine Sequenz aus der Welle...


05-2-01

Ich glaube, beim nächsten Bild möchte ich versuchen, die Atmosphäre einzufangen, die sich eröffnet, wenn man in einem traditionell japanischen Teehaus sitzt und der Blick nach draußen in den Garten schweift. Wenn es gerade geregnet hat und sich ein kräftiges, klares Grün neben den glänzenden Steinen zeigt.

Das Besondere an diesem Standort ist vor allem auch die angenehme Wirkung des weit vorgezogenen Dachabschlusses. In einem ruhigen Raum sitzend, mit einer so großen Öffnung in den Garten, dass man meinen könnte, man sei Teil davon und durch den etwas Schatten werfenden Dachvorstand doch die Gewissheit spüren, geborgen zu sein.

08-2-01

Obwohl ich schon bei Streifen 263 angelangt bin, weigert sich das Bild mit mir zu sprechen. Es liegt still und trotzig vor mir und sagt einfach nichts, was ein beiderseitiges Fortkommen unterstützen könnte. Ich brauche Geduld. Und ich glaube zu spüren, dass ich mit zuwenig Gefühl an dieses Bild gegangen bin. Es ist unmöglich, eine poetische Stimmung zu schaffen, wenn man selbst gleichgültig bis trübsinnig ist. Ich wollte mit aller Macht ein besseres Bild als das vorherige malen, ich wollte das beste Bild überhaupt und aller Zeiten malen. Doch so funktioniert das nicht. Ich male das beste Bild oder zumindest eins, womit ich schon mal hoch zufrieden bin, wenn ich wirklich versuche, das Farbenkonzert zu hören. Ich darf nichts Großes aufführen wollen, darf keine “genialen“ Zwei- und Dreiklänge abbilden. Nein, ich muss mit dem Gefühl und dem Herzen jede Sekunde dabei sein und jeden Streifen begreifen. Seine Wirkung auf die Umgebung muss ich abschätzen und immer wieder neue kleine Sensationen erfinden und entdecken. Ich muss etwas wagen, aber in der Weise, dass ich Vertrauen habe zu meiner Verbindung zu den Farben. Ich habe sie doch kennen gelernt, diese Magie. Es muss auf mich zukommen.

Ich werde morgen da stehen und betrachten- werde viel Geduld mitbringen und keinen Zwang ausüben.

Aussicht nächstes Bild:

auf jeden Fall bei dem Vorhaben bleiben, große Farbflächen zu schaffen - und zwar nicht auf einmal - sondern Streifen für Streifen. So variiert sie in sich und kann geringe farbliche Nuancenverschiebung aufweisen. Dabei bleibt der Farbverlauf, die Farbflüssigkeitsverteilung aber kontrollierbar. Also mehr Beachtung dem Hell-Dunkel Kontrast geben und der Komposition an sich.

Bei dem jetzigen Bild war meine Absicht möglichst viele kleine Akkorde nebeneinander zu stellen - wodurch natürlich die “Buntheit“ gesteigert wurde und auch ein wenig die Werte und Ruhe fehlt.

Sonntag 11-2-01

Ich glaube, behaupten zu können, dass in der Natur dann eine Sache fertig gestellt ist, wenn der Funktionszusammenhang lebensfähig ist. Die Form dieser Naturstücke nennen wir dann oft schön oder vollkommen, harmonisch oder in sich abgeschlossen... Doch die Natur achtet nicht auf eine ästhetische Merkmale, Ästhetik ist nicht das Ziel, sondern Leben. Doch hier liegt die Verbindung. Wenn etwas zum Leben erweckt ist, ist es schön. Und was spüre ich anderes bei den Bildern, wenn sie im Endstadium sind? Ich sage, dass sie anfangen würden zu sprechen, dass sie eine Kommunikation mit mir fordern. Ich rede davon, dass sich auf der Oberfläche etwas bewegt - dass zwischen den vielen Streifen etwas entstanden ist, was vorher - noch eine Sekunde vorher - nicht sichtbar war. Es ist doch nicht anders als bei den Pflanzen, wenn der Saft endlich durch die Stängel nach oben zur Blüte fließen kann. Die Dinge können nur kommunizieren, wenn sie leben. Wieso besteht überall dieser Drang nach der Schaffung von Lebendigem? Und was ist das für eine Art von Leben, was in den Kunstwerken wohnt? Ist es ein anderes, als in unserem Herzen? Oder ist dieses Leben mehr als das physische, medizinisch nachweisbare und auch eindeutig tote, wenn es zu Ende ist?

Die Magie, die in den Bildern wohnt - diese unfassbare aber doch immer wieder spürbare seltsame Essenz, kann man dieses [?] mit Leben vergleichen?

Oder ist es so, dass auch die Naturstücke, die Menschen dieses bestimmte Leben in sich tragen? Und ist dieses Leben vielleicht nicht an das physische gebunden?

Ist dieses Leben, diese Magie etwa die Seele? Die unsterbliche, und selbst in Kunstwerken wohnende Seele?


19-2-01

Streifen 300. Das Bild beginnt sich zu bewegen. Mein Auge taucht in die Farbwellen ein, berauscht sich an Stellen von hoher Spannung und findet Ruhe in leisen Tönen. Ich durchwandere das Bild mit meinen Blicken, gehe vor und zurück in der Oberfläche, es bilden sich immer wieder neue Melodien und Farbgruppen. Während ich auf das Bild schaue verwandelt sich die Strenge der Farbstreifen in ein Meer mit unterschiedlichen Tiefen, und niemals steht es still - als könnte man die Entstehung von tausenden von Tönen beobachten. Es ist wie ein Gewimmel von Farben, aus dem sich immer wieder bestimmte Partien hervortun, dann wieder in den Hintergrund fallen und sich andere entfalten. Es ist als würde man etwas Lebendiges erkennen.

24-2-01

...Denn das gelungene Kunstwerk ist immer auch zu verstehen als ein winziges Exempel für gelungenes Leben, für gelingendes Dasein schlechthin. Dies macht die belebende, inspirierende Wirkung aus. Vielleicht gewinnt auch deshalb die Kunst in Zeiten einer utopiefernen, pragmatischen Politik eine immer größere Bedeutung für´s Publikum. In ihr scheint etwas auf von einer geheilten, erlösten Welt in einer Zeit, die ihre Hoffnung auf diesseitige, politische Erlösung aus gutem Grund aufgegeben hat.

(Uwe Wittstock, Die Welt)

25/26. 02.01

Um Zeit festzuhalten, bedarf es Zeit.


26.2.01

Niemals habe ich ein so reines Licht gesehen wie heute Nachmittag gegen 5 Uhr. So weiß und gleichzeitig so weich - vollkommen neutral und doch so warm in der Umzeichnung der Konturen. Große Schneeflocken fielen vom leicht bedeckten Himmel, so viele und in einer solchen Größe, dass sie es schafften, das wenige Licht was um die Zeit noch in der Luft lag zum Leuchten zu bringen. Ein klarer, heller Lichtstrom umhüllte mein Streifenbild. Es war eine ungeheure Atmosphäre. Und sie erreichten den Boden auf eine so langsame gleichmäßige Art, gerade und majestätisch. Und in vollkommener Ruhe legten sie sich auf den schon gefallenen Schnee.

26/27.2.01

Bevor ich das nächste große Bild beginne, werde ich mich erst mal kleineren Formaten zuwenden. Die Großen sind in ihrer Wirkung zwar überwältigend, doch stehen sie am Ende einer langen Herstellungszeit und bringen Dinge nur sehr, sehr langsam zum Vorschein. Neue Erkenntnisse, bestimmte Versuche, interessante Seitenwege leuchten in ihnen auf wie das Licht eines weit entfernten Sterns, der schon längst Vergangenheit ist. Ich muss, wenn ich an einem Punkt stehe, wo es gilt Dinge neu zu sehen, wieder zu kleinen Versuchsanordnungen zurückkommen. Habe ich dort einige Fragen klären können, Absurditäten lösen sich dann ja auch schneller auf... so bleibt nur immer noch die Möglichkeit, diese an einem großen Bild verstärkt zum Ausdruck zu bringen. Wobei dann sowieso wieder neue Erfahrungen auftauchen. Außerdem müssen die kleinen Formate auch anders behandelt werden als die Großen. Sie bieten mir eine andere Oberfläche an, dessen erfolgreiche Bearbeitung ich nicht einfach auf große Flächen übertragen kann. Es geht auch darum, Vielfalt zu erzeugen und möglichst viele verschiedene Proportionen der Bilder kennen zu lernen.


28.2.01 Mittwoch

Bemerkungen zum Bild im Status <414>:

1. Bei einem Abstand von zweieinhalb Meter verschwinden die feinen Streifen und Nuancen, was normalerweise zu einer veränderten, aber dennoch angenehmen Wahrnehmung führen kann. Doch an einigen Stellen dominieren dadurch bestimmte Farbtöne und ähneln zu sehr dem vielleicht 10cm entfernten Abschnitt, obwohl sie von nahem aus gesehen Unterschiede aufweisen.

Im Detail sind also noch Verbesserungen vorzunehmen.

• Dem untersten Marineblau eine Nuance hinzugeben oder mit weiß den Balken brechen. (B)

• Der gebrochenweiße Streifen zwischen dem Grün und Rot muss richtig leuchten.

• Zwischen dem Lila-Gelb Streifen und dem Blau eine Unterbrechung hinzufügen. (B)

• Den mächtigen blauen Block auf irgendeine Weise auflösen

• Das Pink-Gelb zwischen dem Grau von dem Orange darüber (im Grün) stärker absetzen.(B)

• Das gebrochene Weiß im Dunkelgrün richtig weiß machen.

• Das Gelb im oberen Teil aufspalten

• Das grüne Band nuancieren. Erst Weiß, dann anderes Grün.

• große Weißfläche mehr strukturieren mit weiß und grauen Linien.

• Grün-Gelb Streifen zum Ocker hin mit B verbinden

• obere Teil im Grunde perfekt

Das Problem bei großen Formaten, dass der Herstellungsprozess in absoluter Nähe zur Bildoberfläche stattfindet und die Präsentation dann im Raum und mit an dem Format angepassten Abstand geschieht, muss bearbeitet werden. Zu fragen wäre allerdings, ob sich dieses Problem nicht als Phänomen benennen ließe. Ist es überhaupt von Nachteil, wenn selbst große Formate auch aus der Nähe betrachtet noch Faszination erzeugen können? Ist es nicht gerade eine Besonderheit, dass meine großen Bilder den gleichen Detailreichtum enthalten wie die kleinen? Offenbart sich nicht hierhin eine gewisse Umkehrung der konventionellen Sehgewohnheiten. Sind große Dinge, die aus der Ferne mächtig wirken nicht oft auch auf diese Fernwirkung ausgelegt? Und zeigen sie nicht meistens grobe Mängel, betrachtet man sie mit einem Abstand, der eigentlich nicht eingenommen werden darf?

Nun, allerdings ist es wohl doch ein Problem, wenn meine Bilder, auch die Großen, von Nahem sehr gute Farben entfalten, doch diese Wirkung bei steigendem Abstand nicht einhalten können. Es muss so sein, dass die Oberfläche sich verändert je weiter man sich vom Bild entfernt - das geschieht zwangsläufig - und zwar auf die Weise, dass sich feine Farbnuancen und dünnste Streifen zwar nicht mehr erkennen lassen, doch stattdessen große Farbblöcke in den Vordergrund treten. Die Streifen müssen sozusagen je nach Abstand zum Bild aktiviert oder deaktiviert werden können. Und jeder Abstand sollte eine angenehme Wahrnehmung einleiten. Es kann auch nicht dahingehen, dass ich die Detailversessenheit zugunsten der Fernwirkung aufgebe. Ich muss es schaffen, dem Bild verschiedene Oberflächen zu geben. Sie sind alle in der Fläche des Bildes vereint, doch zeigen sich einzeln in bestimmten Abständen. Oder ist es sinnvoll, das Nahe an den Bildern zu betonen?

Wieso sollte ein großes Format zwangsläufig in einem Empfangssaal hängen müssen? Empfiehlt sich diese Art von Malerei nicht gerade dadurch, auch in kleinen Räumen erscheinen zu können? Die Struktur ist so fein und verlangt geradezu danach, in gleicher Nähe zum Betrachter wie zum Autor erlebt zu werden. Es gibt keine großen gewalttätigen Flächen, alles ist auf den Millimeter genau strukturiert und verliert bei großem Abstand.

Gegenmaßnahmen:

1. an kleinen Formaten das Phänomen klären. > sie können nur nah gesehen werden.

2. an mittleren Formaten verschiedene Flächenstrukturierung durchspielen und ermitteln, au f welche Weise es möglich ist, eine positive Fernwirkung zu erzielen.

Oder wäre es von Interesse, die Umkehrung auf die Spitze zu treiben? Also kleine Formate so zu malen, dass sie auch von weitem, und vor allem von weitem wirken? Und große Formate so zu malen, dass sie auch von nahem, und vor allem von nahem wirken?

1.März 2001

nach den Korrekturen etwas besser, jedoch noch lange nicht gut.

• weißen Streifen im Grün mit etwas dicker machen

• orange im Dunkelgrün mit B heller machen

• zweiten blauen Streifen über hellgrün mit B heller


2.März

Am Computer Farbfelder herstellen, bei denen durch eine horizontale Teilung ein Rechteck farbig gehalten ist, das andere weiß. Die Länge der Rechtecke sollte so berechnet sein, dass ich modellhaft mehrere übereinander legen kann und trotzdem die horizontale Ausrichtung beibehalten wird; d.h. die Länge muss weitaus größer sein als die Höhe. Um Tests bezüglich der Aufteilung von Farbflächen und Weißflächen auf dem Bild zu machen verschiedene Anordnungen der Weißanteile bereitstellen, also den gleichen Farbton einmal oben und einmal unten mit weiß abgrenzen. (180 C°- Drehung der Karte ) Zudem die helle Variante hinzunehmen. So ergeben sich bei 12 Farben

12 Karten in Variante A: dunkel + Weiß

12 Karten in Variante B: Weiß + dunkel

12 Karten in Variante C: hell + Weiß

12 Karten in Variante D: Weiß + hell

Samstag 3. März 2001

Streifen 486 habe ich heute erreicht. Beleuchte ich das Bild von oben oder unten, so ist es von einer solchen Schönheit, dass ich es als nicht von dieser Welt bezeichnen würde. Ein großer Zauber wohnt in der Oberfläche und je nachdem von wo das Licht kommt leuchten andere Farben auf. Ich habe die Stufe zur Magie genommen.

Einige Maßnahmen, die zur Verbesserung und nahenden Vollendung des Bildes geführt haben:

1. Die reinweißen Streifen, die ich zur Auflösung der Farbflächen gesetzt hatte habe ich mit B in die Fläche integriert.

2. In Abständen von 10-20cm ergeben sich immer gewisse Farbgruppen, in diesen Segmenten habe ich nun einigen Farbtönen noch mehr Intensität gegeben, wodurch die gleichmäßig wirkenden Abschnitte an diesen Stellen mehr Aufmerksamkeit an sich ziehen und eine verstärkte Bewegung des Auges provozieren. Sie sind in gewisser Weise Gruppenführer des Segments - Hauptton. Doch diese Dominanz relativiert sich sofort, weil sich die sogenannten Segmente überlagern, d.h. sie reihen sich in der Oberfläche nicht nur aneinander, sondern der obere Teil von z.B. Abschnitt A kann genauso der mittlere Teil von einem größeren Segment sein, indem wieder ganz andere Töne vorherrschen.

3. weitere rein technische Verbesserung: Da ich sehr oft A, B und D verwende und den Pinsel beim Aufstreichen der Farbe immer am Rand der Dose abstreiche entstehen hässliche harte Latexkrümel, die dann langsam in die Flüssigkeit wandern und beim nächsten Streifen äußerst unangenehm auftreten. Dieses Problem ist jetzt gelöst, ich streiche den Pinsel an einer Extradose ab.


4. März 2001

Im oberen Drittel des Bildes habe ich nun eine Zone eingerichtet, die an frühere Bilder erinnert. Sanfte Übergänge von Blautönen, darunter Struktur aus weiß. Dazu Braun-Rot Skala etwas darüber in gleicher Technik. Ich glaube, es ist sinnvoll neben kräftigen sicher gesetzten Akkorden auch Bereiche der Sanftheit zuzulassen. Raum zu geben für die Fantasie ist genauso wichtig, wie farbliche Behauptungen manifestieren zu wollen. In diesen Bereichen ist die Farbe etwas schwächer, wirkt geradezu offen für alle Richtungen. Es sind Zonen der Orientierung, Abschnitte in denen ich nicht wieder eine neue Melodie höre, sondern Ruhe habe und für einen kurzen Moment eine ungeheure Weite und Offenheit spüre.  

« Die wahre Schönheit eines Zimmers liegt in dem von Wänden und Decke umschlossenen leeren Raum und nicht in seinen Mauern », nach Laotse

5. März 2001

Notizen zur Verbesserung im Status 492:

1. unter dunkelgrünen Streifen mehr weiß

2. unter hellblau weiß

3. sattgrün noch einmal mit B an der unteren Kante brechen.

Notizen zum Status 506:

Ich glaube, das Problem gefunden zu haben. Das obere Drittel, welches ich am Anfang kaum und dann vorwiegend mit kräftigen Gelb- und Grüntönen belegt hatte, muss noch feiner strukturiert werden - sowohl in der Farbe, als auch in der Reliefierung. Die Annahme, einige Segmente weniger intensiv zu bearbeiten wie andere störe nicht das Gleichgewicht, sondern setze interessante Spannungsfelder kann nicht bestätigt werden. Es muss nur so scheinen, als seien manche Bereiche weniger durchgearbeitet. Im Grunde aber muss jeder Millimeter und sei er nur Teil einer weitgehend monotonen Fläche genau beschrieben werden. Dies heißt allerdings nicht, dass ich alles ausformulieren muss. Es darf nicht so anmuten, als sei kein Raum mehr für Farbe, die sich nur im Kopf bildet.

Und das ist glaube ich auch ein entscheidender Punkt, dem ich nachgehen muss und im nächsten Bild mehr Beachtung schenken sollte!


Die Farbstreifen müssen unbedingt neutrale Flächen als Spielfeld bereitgestellt bekommen. Sonst habe ich den Eindruck, als schnüre ich das Bild ein, als setze ich unzählige Farben nebeneinander und provoziere anstatt harmonischer Kommunikation nur ein enges, gereiztes Durcheinander - wo jeder den anderen unterbricht und die Distanz zu wahren nicht imstande ist.

Ein weiteres großes Problem besteht noch immer darin, dass sich die Art der Beleuchtung auf eine Weise auf das Bild auswirkt, dass es im einen Augenblick göttlich erscheint, kurz darauf aber als tote Farblinien ohne jeglichen inneren Reichtum.

Das gilt es zu beachten!

Da sich Bilder meistens in Räumen befinden werden, die Lichteinfall von der Seite haben, muss ich die Oberfläche auch für diesen Anwendungsbereich herstellen. Es bringt nichts, das Bild ständig unter dem Einfluß von Streiflicht zu beurteilen und während des Arbeitsprozesses, der in horizontaler Lage stattfindet, in der Gewissheit zu schwelgen, es sei alles in Ordnung. Setze ich die Priorität bei der Bildbetrachtung auch während des Herstellungsprozesses so, dass sich die Entscheidungen über die nächsten Farbstreifen in vertikaler Lage des Bildes ergeben so werden die Farben an sich in den Vordergrund treten. Die Aufteilung der Farben auf der Oberfläche wird nicht beschönigt, sondern muss präziser ausgelotet werden. Fakt ist, dass die Bilder bei horizontaler Lage immer gut aussehen, wenn sie eine gewisse Reliefstärke erreicht haben.

Und Fakt ist auch, dass sie dies bei vertikaler Lage nur tun, wenn ich sie auch in eben dieser Lage immer wieder betrachte und reagiere.

„Beim nächsten Bild wird alles anders“


6. März

Um beim nächsten Bild schon im Voraus eine vertikale Anschauungsweise zu ermöglichen, werde ich diesmal am Computer einige Experimente bezüglich der Farbkomposition machen. Mit dessen Hilfe können einige Phänomene simuliert werden und einer näheren Untersuchung unterzogen werden ohne dass ich dafür 3 Monate an einem Bild arbeiten muss.

So kann ich schneller und effektiver folgenden Fragen nachgehen:

• Was ist mit dem Abstand zum Bild? Wie ändert sich die Farbzusammensetzung bei Distanzverschiebung?

• Welche Farben eignen sich, nebeneinander zu stehen und kommen dadurch bei Entfernung zu interessanten Farbmischungen?

• Wie verhalten sich die Farbflächen/Farbstreifen bezüglich ihrer Perspektivwirkung? Was kommt vor, was weicht zurück?

• Wie sieht es mit der Verteilung von warm und kalt aus? Was passiert, wenn man an die Ränder warme Farben setzt und in der Mitte kalte u. umgekehrt?

• Was ist mit der Auswirkung der Breite der Streifen auf die Perspektive im Bild? Ist es sinnvoll, Assoziationen an Landschaft zu provozieren oder alles zu tun, um diese aufzuheben?  

• Welche Wirkung hat das Hinzufügen von weißen Streifen, breite und schmale in die Farbflächen?

• Was passiert bei großen Anteilen weiß im Bild u. umgekehrt?

• Was ist, wenn ich systematisch anmutende Segmente im Bild integriere wie z.B. eine Reihung von weiß-blau-weiß-blau etc...

• Was ist, wenn ich Erdtöne als Dominante im Bild wähle und nur farbige Unterbrechungen setze?

• Inwieweit ist es möglich, den dominanten Zweiklang von Farbe 1 und Farbe 2 anzuwenden?

• > was muss dann in der Umgebung passieren?

• Wie sieht es aus, wenn ich 2 Farben direkt nebeneinander lege (gleiche Breite) und rechts und links bis zum nächsten Paar weiß in gewisser Breite habe?

• Wie verhalten sich 2 Streifen unterschiedlicher Farbe z.B. Farbe 1 und Farbe 2, wenn ich sie als einzige Farbstreifen am Rand des Bildes einsetze und dazwischen weiß lasse?

• Wie muss eine Fläche eingeteilt sein und welche Farben eignen sich, wenn ich das Bild so aufhängen möchte, dass die Streifen vertikal erscheinen?

7. März 2001

Kleines Detail: englischrot intensiv in Nachbarschaft von Blau-Weiß Streifen, der mit B überzogen ist, erscheint mir ein beachtenswerter Dreiklang.


8. März 2001

Die Feststellung, dass viele Farbvorstellungen auf eine Seherfahrung in der Natur zurückgehen, veranlasst mich dazu, diese Erinnerungen aus der Natur, die oft nur als diffuse Stimmung und verwaschen gespeichertes Bild im Kopf lagern, gezielt einzusetzen und mit Hilfe von Fotografien dingfester zu machen. Auch erscheinen mir Landschaftsaufnahmen im Fernsehen als wunderbare Farbräume, die sich als solche in mein Gedächtnis schleichen und dort rumgeistern bis sie erhört worden sind und Teil meiner Bilder werden dürfen.

Diesen Vorrat an äußeren realen Bildern muss ich stilisieren, auch Fotos von meinen Reisen dazu nehmen und Darstellungen aus Zeitschriften sammeln. Ein weiterer Punkt, den ich beachten möchte, ist die Notwendigkeit, ein Bild nicht mit der gleichen Stimmung tränken zu wollen. Ich muss zulassen, dass es in einem Bild Stellen von extremer Heiterkeit und lauter Freude gibt und parallel dazu auch Atmosphären von Todessehnsucht und träger Melancholie erscheinen können.


Notizen zum Bild im Status 534:

Langsam kann ich auf das Bild blicken, ohne ständig mit Mängeln konfrontiert zu werden. Der orangefarbene Streifen im Grün war eine gute Idee. Auch das Blaugrün im Gelb kommt gut. Doch das Orange muss noch mit weiß vom Grün abgesetzt werden und mehr leuchten. Eventuell Pink hinzunehmen. Die Partie darüber kann noch hauchdünne Lasuren von anderen Blautönen vertragen. Und mein Gott, was soll ich mit dem sattgrünen Streifen machen?

Bemerkung zur Anordnung der Streifen als Horizontalen:

Unsere herkömmliche Leseweise von links nach rechts wird auf den ersten Blick bedient. Wir folgen den Linien nach beiden Seiten. Doch bald schon löst sich Augenpaar und wandert stattdessen in die Vertikale, vergleicht in gewissem Maße die parallel verlaufenden schmalen Farbflächen. Denn die Aktivität entfaltet sich in der Relation der Farben nicht so sehr in der von „links nach rechts Bewegung“.


10. März 2001

Bemerkungen zum Bild im Status 551:

orange-Streifen muss noch reiner werden, mehr gelb hinzu

blau-Fläche darüber muss noch Blautöne hinzubekommen

sattgrün-Streifen unten mit B vernebeln.

Status 555, ich liebe das Bild!

11. März 2001

Muss noch kleine Korrekturen vornehmen. Bin bei Streifen 557.


13. März 2001

Dokumentation der Grundierungsmaßnahmen der nächsten 3 Bilder:

1. D~~

2. D~~

schleifen

3. D, B~

schleifen

4. B/A~

5. B/A~

6. A

7. A


16. März 2001

Ich glaube, ein wichtiger Schritt hin zu mehr Präzision in der Farbanordnung (Größe, Farbe, Ort) und weg von einer im letzten Bild spürbaren Beliebigkeit (die immer wieder aufgelöst werden musste) ist die Maßnahme, die Farbklänge (2er/3er/4er) so aneinanderzureihen, dass zwischen ihnen keine Zonen von Ungewissheit entstehen. Die Übergänge zwischen den Farbakkorden müssen in der Weise gelöst werden, dass beispielsweise der letzte Ton eines Dreiklangs wieder den ersten eines darüber liegenden Vierklangs bilden kann. Weiß kann natürlich als Pufferzone, als Leerraum eingesetzt werden - doch besser wäre es, weiß als gleichwertigen Bestandteil eines Akkordes zu akzeptieren.

Wichtig bei diesem Vorgehen ist die Notwendigkeit, die Größen der Farbflächen zu variieren und dies auch entsprechend ihres Zusammenklangs mit den anderen zu tun. Einige Farben müssen wie ein Ton in der Musik heftig angeschlagen werden, andere nur ein wenig angetippt werden. Zu vergessen ist nicht, dass das Gesamtbild stimmig sein muss - also die Farbgruppen nicht nur harmonisch ineinander übergehen sollten, sondern auch zur Gesamtharmonie beitragen. Die große “Anordnung“ darf also nicht aus den Augen verloren werden. Dabei können beispielsweise 3-4 Farbgruppen zusammen einen entscheidenden Kompositionsblock innerhalb des Gebildes darstellen. Wichtig ist am Ende, dass dem Bild Leben eingehaucht wird.

Zurück zu den Farbgruppen. Es geht also darum, die Raumausdehnung - die Körper der Farben - sowohl in kleinen Gruppen richtig anzulegen, als auch darum, diese Gruppen von Körpern mit anderen in Kontakt zu bringen (so dass zwischen den Gruppen das gleiche passiert, wie zwischen den einzelnen Farbkörpern) und darum einen großen “lebendigen Körper“ zu schaffen. Und dieser große Farbkörper, der in seiner Ausdehnung zwangsläufig durch das Format begrenzt wird und so seiner Unendlichkeit entzogen wird (hier zeigt sich die Sterblichkeit im Ort*) muss allerdings eine positive Raumausdehnung besitzen, eine positive Erscheinung im Raum darstellen.

* Wäre die Ausdehnung unendlich, so wäre durch die Überwindung der Grenzen des Raumes die Zeit nicht mehr relevant.

Das Bild müsste, wollte es unsterblich sein, nicht mehr mit den Folgen des Zeitvergehens kämpfen, sondern hätte auf einem anderen Wege - durch den Raum, durch die Ausdehnung seines Körpers in den unendlichen Raum Ewigkeit erlangt! [ 16.3.01]


19-3-01

Zurück zu dem Wunsch, Verknüpfungen zwischen Gruppen auf die Weise herzustellen, dass die Übergangszone gar nicht als solche wahrgenommen wird, sondern eher einer sich zwischen den Gruppen bewegenden Linie ähnelt. Sie springt zwischen den Gruppen hin und her und bildet durch ihre Flexibilität ständig neue Gruppen. Doch damit diese Linie nicht irgendwo festfriert oder durch gewisse Unstimmigkeiten in Verwirrung gerät... (also weder Starre noch Chaos) müssen erstens die Elemente (hier Farben) in kleinen Gruppen funktionieren als auch die sich ergebenden “Mehrklänge“ aneinandergeschmiegt werden.     

Daraus ergibt sich die Annahme, dass ein Element mehrere Funktionen gleichzeitig übernehmen kann.

aus Meyer´s Taschenlexikon:

Gruppe,

Mathematik: eine Menge von Elementen, für die eine Verknüpfung definiert ist, sodass jedem geordneten Paar von Elementen eindeutig ein 3. Element der Gruppe zugeordnet ist. Bezüglich der Verknüpfung muss das Assoziativgesetz gelten; in der Gruppe muss ein neutrales Element (Einselement) und zu jedem Element ein inverses Element existieren. Erfüllt die Gruppe außerdem das Kommutativgesetz, so heißt sie kommutative oder abelsche Gruppe. Eine Gruppe mit 6 Elementen (endliche Gruppe) bilden z.B. die Permutationen (Vertauschungen) von 3 Elementen, eine Gruppe mit unendlich vielen Elementen (unendliche Gruppe) die durch Zusammenzählen verknüpften ganzen Zahlen a=0, ±1, ±2, ±3, ... hierbei ist die Null das neutrale Element, -a das zu a inverse Element.

Die Gruppentheorie findet vielseitige Anwendungen in Algebra, Geometrie, Kristallographie, Quanten-, Elementarteilchen-, Relativitätstheorie u.a. Die Gruppe als Grundtyp einer abstrakten algebraischen Struktur wurde erstmals von L. Kronecker formuliert. (1882)

Galois, Evariste > französischer Mathematiker, * Bourg-la-Reine (Dep. Hauts-de-Seine) 25.10.1811,

+ (nach einem Duell) Paris 30.5.1832; begründete eine neue, auf die Gruppentheorie gestützte Theorie der algebraischen Gleichungen (delisches Problem)

Kommutativgesetz, mathematisches Gesetz: Eine Verknüpfung (o) von zwei Elementen a und b einer Menge heißt kommutativ, wenn a o b = b o a, so sind z.B. für beliebige Zahlen Addition und Multiplikation kommutativ, Subtraktion und Division dagegen nicht.

Assoziativgesetz, Mathematik: Verknüpfungsgesetz bei der Addition oder Multiplikation (a+b)+c = a+(b+c) bzw. (a•b)•c = a •(b•c). Das Assoziativgesetz gilt für alle Zahlen, aber z.B. nicht für alle Funktionen.

25-3-01

Maßnahme: Die Fotos von meinen Bildern im Computer analysieren, auffallende Akkorde notieren und auf diese Weise 2er, 3er-Klänge finden. > Sammlung anlegen und andere Quellen erweitern.

26-3-01

Idee eines <Katrin Heesch> Farbfächers realisieren. Wichtig hierbei muss die Kuriosität im Vergleich zu herkömmlichen Produkten dieser Palette sein. Diese ergibt sich z.B., wenn ich das Thema von [ Farbe 1 & Farbe 2] umsetze. Wobei es dann nicht um meine speziellen Farbmischungen ginge, sondern eben nur um die konventionellen Farbkreistöne in bestimmter Anordnung.

Eine andere Variante wäre die Aufreihung aller 118 Farben, unterteilt in 3 Erscheinungsformen: Normal, Intensiv, +B

Begriffe von Interesse:

Konvergenz, Divergenz, Interferenz, Kohärenz

29. März

Heute beginne ich das kleine Bild und habe die Vorstellung von einer kräftigen dunkelgrünen, aber sehr nuancierten Fläche im oberen Drittel, worin sich verbunden mit weiß ein dunkelviolett in hellster Form entfaltet. Unter diesem Block wird sich ein türkisähnlich den kanadischen Bergseen ausbreiten. Zusammen mit Grau und einem Hauch von Lachs.

Betrifft Farbfächer >

Zusatzinformation besteht in

• meinen Vermutungen (Farbe 1 u. Farben 2)

• den Bewertungen O >< <-> der Paare


11. April 2001

< Glanzlichter markieren den Höhepunkt des Zusammentreffens von Licht und Materie. > K.H.

14. April 2001

Zurück zu den Farbkarten (Farbe 1 - Farben 2) und den Relationen auf dem Farbkreis.

• Jedes Farbpaar einzeln betrachten und Grafiken erstellen, die eine notwendige Verschiebung von Farbe 2 verdeutlichen.

« Die Melodie, und nicht die Harmonie, hat die Macht Zeitalter zu überdauern. » Anonym

17. April 2001

Ich bin nun endlich dazu gekommen, Farbe 2 zu korrigieren. Dabei stellte ich fest, dass sich durch verschiedenartige Anordnungen, Vergleiche und Visualisierungen gewisse Muster und Formen klar abbildeten.

Durch die Änderung von Farbe 2 bei einigen Farbkarten zeigten sich interessante Beziehungen.

18-4-01

Zu erforschen wäre nun beispielsweise, welche Schlussfolgerungen aus der Tatsache gezogen werden können, dass sich beim Verbinden der 3 einzigen Farben, dessen Farbe 2 nicht geändert wurde, ein Dreieck bildet, welches Rot-Gelb-Blau als Ecken zeigt und bestimmte Abstände zwischen ihnen erkennen lässt. Der Anfang all dieser Nachforschung lag doch in dem Spüren von Harmonie bei gewissen Zusammenstellungen. Kann ich davon ausgehen, dass diese 3 Farben, dessen 2 Farben 2 wohl richtig positioniert sind die Eckpunkte des Farbkreises oder besser einer Farbform darstellen, die auch die übrigen Farben in richtiger Anordnung enthält. Wichtig scheinen mir die Abstände zwischen Rot-Gelb-Blau zu sein; und die Frage, ob dieses Phänomen auch physikalisch sichtbar ist.

Ist Natur nicht immer auch das Resultat von Ausweichen?

Oder dem Vorgang von Ausweichen-

und Beharren auf der anderen Seite. Dem Zustand des Durchsetzens und Verdrängens oder des Nachgebens und Zurückweichens.


18. April 01

Beim Setzen eines Streifens, beim Festlegen seiner Farbe, seiner Position und seiner Breite tritt eine Markierung ein. Eine vorher unsichtbare Stelle wird durch meine Entscheidung gekennzeichnet. Dieses Markieren schließt zugleich ein Ausschließen mit ein. Es lässt eine Wirklichkeit entstehen und macht es damit unmöglich, dass andere Wirklichkeiten an dieser Stelle erscheinen. Sie existieren, aber nur in dem Verweis auf, `wie es hätte auch sein können´... Der einen markierten sichtbaren Möglichkeit stehen unendlich viele unmarkierte unsichtbare Möglichkeiten gegenüber. Geht man von der einfachsten noch möglichen Wirklichkeit aus, so wäre dies der exakte Gegensatz zur sichtbaren Stelle. Bei Farben entspräche der Komplementärkontrast diesem Verhältnis. Wenn Grün sichtbar ist, ist auf jeden Fall klar zu erkennen, dass es nicht Rot ist. Die unmarkierte Farbe ist zwar immer im Hinterkopf, doch sie ist nicht abgebildet.

Die Entscheidung, die eine Stelle so zu markieren, beeinflusst auch die danebenliegenden Bereiche. Bei den Farben wird dies durch den Simultankontrast beschrieben. Dadurch, dass ich Farbe 1 und Farbe 2 nebeneinander setze, markiere ich zwar beide Stellen, doch gleichzeitig habe ich durch Farbe 2 die Andeutung auf die entgegen gesetzte Möglichkeit von Farbe 1 gegeben. Ich lasse die unmarkierte Möglichkeit, ohne dass sie materiell in Erscheinung treten muss, Teil der Wahrnehmung werden.

> man sollte den unmarkierten Teil der Realität immer versuchen mitzudenken.


Eine Gebrauchsanweisung für meine Bilder zu verfassen, erscheint mir aus dem Grunde sinnvoll, weil ich besonders bei den aktuellen Arbeiten die Wirkung des Lichtes als primären Einfluss erkannte. Die Ursache dafür liegt in dem Phänomen begründet, dass sich durch die hohe Anzahl an Schichten Streifen von so hoher Dicke ausbilden, dass das Licht wenn es von oben kommt in gewisser Weise unter die teilweise transparenten Streifen wandert und dadurch ein Rot beispielsweise nicht nur von oben mit Licht streift, sondern es auch von hinten leuchten lässt.


Fortsetzung der Übertragung der Notizen erfolgt...